Etwas zu oberflächlich

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
monerl Avatar

Von

Stichworte
Gegenwartsroman, Russland, Sibirien, Familie, Schuld,


Handlung 3 - interessant, jedoch zu sprunghaft, nicht tief genug, zu viele Themen
Sprache 5 - schön, gehoben, teilw. poetisch
Charaktere 3 - teilw. zu oberflächlich, zu unglaubwürdig
Ende 2 - zu abrupt. lässt zu viel Interpretation-sspielraum
Hörbuch 3 - toller Sprecher, angenhme Sprechweise, Perspektivenwechsel öfters unklar

Gesamtwertung: 3,2 / 5


Fazit:
Von diesem Buch hatte ich mir sehr viel versprochen, insbesondere, da es für den Bachmannpreis 2016 nominert war.

Im großen und ganzen ist die Idee sehr spannend und interessant. Erich, Wissenschaftler und Naturliebhaber, kann auch mit seinen 80 Jahren nicht von den Bäumen lassen, die unkontrolliert in seinem Wohnzimmer wachsen, wovon aber nur die junge Katharina weiß. Erich ist ein vielschichter Charakter. Leider wird mir seine Geschichte zu sprunghaft und zu oberflächlich erzählt. Viele Zusammenhänge werden wirklich erst ganz zum Schluss zusammengefügt, manches muss man sich tatsächlich immer noch selber denken. Die tiefe Freundschaft zwischen dem jungen Erich und Wolodja, seinem Führer in Sibirien, hat sich mir nicht erschlossen. Sie wechseln kaum ein Wort. Ihre Freundschaft erscheint mir so kühl und karg wie die Landschaft selbst. Was genau passiert ist, um welche Schuld und wie genau sie zustande gekommen war, wird ebenfalls nur zwischen den Zeilen erzählt.

Zu Katharina hatte ich aber so gar keinen Zugang. Ihr Denken und Handeln war für mich nicht ganz nachvollziehbar. Der Hintergrund, den die Autorin ihr angedichtet hat, war mir zu viel, zu abgehoben. Teile ihrer Geschichte empfand ich als überflüssig, andere Teile zu Erich und seiner großen Liebe wiederum viel zu kurz. Dieses Liebe – Schuld – Familienzerwürfnis konnte ich aufgrund der Geschichte, wie sie erzählt wurde, nicht greifen.

Sehr, sehr schade, dass sich die Autorin nicht mehr Zeit und Seiten für das eigentlich tolle Buch genommen hat. Damit hätte sie viele Lücken füllen und manche Kapitel so verbinden können. Doch so endet dieses sprachlich besondere und poetische Buch ganz aprupt und unausgegoren, sodass ich mich gefragt hatte, ob dem Hörbuch womöglich ein paar Minuten fehlen würden. Ich kann nur bedingt eine Empfehlung aussprechen.