eine lesenswerte Geschichte voller Wortwitz

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hiclaire Avatar

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Titel und Cover haben mich angesprochen und neugierig auf den Inhalt gemacht.

Bert ist 16 Jahre alt und mit 101 Kilo deutlich übergewichtig. Klar, dass er es nicht leicht hat, nicht mit sich selbst und auch nicht daheim, wo ständig neue Typen bei seiner Mutter abhängen, derzeit vorzugsweise mit osteuropäischem Hintergrund. In der Schule schon gar nicht, da ist Mobbing quasi vorprogrammiert. Sein angenehmster Kontakt scheint der mit Frau Wegener, seiner „Süßigkeiten-Dealerin. Aber mit welch erfrischender Selbstironie er mit seinen Problemen umgeht und die pragmatische Flapsigkeit, mit der er sich da durchkämpft, machen ihn auf Anhieb sympathisch. Man sollte meinen, dass er seinen Mitmenschen ziemlich verbittert gegenübersteht, aber nein, trotz allem verfügt er über einen eher mitleidigen, freundlichen Charakter. Dazu wirkt er durchaus pfiffig und verfügt über ein verblüffendes Allgemeinwissen, das er nach eigenen Angaben dem exzessiven Genuss von „Wer wird Millionär“ verdankt. (Trotzdem hätte ich die Quiz-Fußnoten als Extra-Gag dazu nicht unbedingt gebraucht.)

Die Wende in seinem bis dato eher tristen Dasein wird eingeleitet, als er eine Karriere als Maskottchen startet. Ein ausgeleierter, ausgewaschener, fransiger Tiger hat es ihm angetan – Liebe auf den ersten Blick. Fortan spielt Billy the Beast eine Hauptrolle in Berts Leben und bringt dort Bewegung rein – in mehr als einer Hinsicht. Nachdem seine Pfunde anfangs irgendwie aus Versehen purzeln, entwickelt er nach einer Weile doch eine erstaunliche Konsequenz. Sehr zum Leidwesen von Frau Wegener *g*.

Bis weit über die Hälfte habe ich mich mit Billy the Beast richtig gut unterhalten und es hat mir Spaß gemacht, wie Bert aus seinem Leben und von seiner Familie erzählt. Sprachlich wird hier ein richtiges kleines Feuerwerk abgebrannt und die Gags zünden. Doch diese Art ironisch-sarkastischer Erzählweise birgt immer das Risiko einer gewissen Abnutzung und leider ist das bei mir eingetreten. Wortwitz und Eloquenz machen zweifellos einen Großteil des Reizes dieser Geschichte aus, aber „hintenraus“ hat der Autor für mich überdreht. Zu oft habe ich zum Ende hin den roten Erzählfaden suchen müssen zwischen all der sprachlichen Coolness. Und die immer wiederkehrenden detailreichen Schilderungen seiner Pfunde und der damit verbundenen Widrigkeiten haben irgendwann ihre Originalität für mich verloren.

Ein bisschen schade. So reduziert sich der anfängliche 5-Sterne-Eindruck leider auf 3,5. Weil es halbe Sterne aber nicht gibt, aufgerundet auf 4, denn es ist trotz meiner kritischen Anmerkungen eine lesenswerte Geschichte mit einem liebenswerten Protagonisten und mehr Tiefe als der vordergründige Witz vermuten lässt.