Weck den Tiger in dir...

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
alphafrau Avatar

Von

Das Buch "Billy the Beast - ein Traum von einem Tiger" richtet sich in erster Linie an Jugendliche. Im Mittelpunkt steht ein pubertierender Junge, der es im wahrsten Sinne des Wortes schwer hat. Bert ist dick. Sogar sehr dick. Stolze 101 Kilo bringt er auf die Waage. Alles nervt. Gut, dass es Günther Jauch gibt: Bei seiner Lieblingssendung kann Bert ungestört von zu Hause mit raten. Doch dann ändert sich alles: Bert wird das Maskottchen einer Eishockeymannschaft und als „Billy the Beast“ im Tigerfell berühmt. Die Pfunde purzeln, eine glücklichere Welt unterhalb der 100-Kilo-Grenze scheint möglich. Aber bald kommt die Millionenfrage: „Wie erobert man das Herz einer Cheerleaderin?“ Der Zusatzjoker muss her …

Das Cover dieses Buches zieht sofort die Blicke des Betrachters auf sich. Man sieht eine behaarte Pfote, die zu einem Karnevalskostüm gehören könnte. Der ausgestreckte Zeigefinger könnte signalisieren: Pass auf, jetzt bin ich dran.

Der Titel des Romans greift den Namen des Maskottchens auf, hinter dem Bert seine wahre Identität verbergen kann. Billy the Beast ist ein Traum von einem Tiger - er hilft dem Mobbingopfer Bert aus seiner Isolation heraus und gibt ihm die Chance, sein Leben zu überdenken und sich zum Positiven hin zu verändern.

Der Autor Jörg Menke - Peitzmeyer schreibt in einem humorvollen, mitunter rotzigen Tonfall, der seinem pubertierenden Helden Bert entspricht. Das Geschehen wird ausschließlich aus seiner Perspektive geschildert. Wir erleben den harten Alltag eines Jungen mit, der mit vielen Problemen konfrontiert wird. Seine alleinerziehende Mutter sucht verzweifelt nach einer stabilen Partnerschaft, erwischt aber nur eiskalte Typen, die sie für ihre eigenen Bedürfnisse ausnutzen und sie danach wieder fallen lassen. Ihren Frust ertränkt sie in Alkohol; Bert wiederum stopft sich mit Süßigkeiten voll. Durch sein Übergewicht wird Bert zum Mobbingopfer, das seinen Peinigern nichts entgegen zu setzen hat. In der Schule wird er beleidigt, bestohlen und geschlagen.

Insoweit ist seine Begegnung mit "Billy the Beast" ein riesiger Glücksfall für ihn, weil er in eine neue Haut schlüpfen darf. Im Laufe des Buches durchläuft Bert einen wichtigen Entwicklungsprozess; er übernimmt Verantwortung für sich selbst und seine Mutter, die ebenfalls einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zieht.

Der Fall von Bert ist erschreckend - aber er ist leider gesellschaftliche Realität. Es macht mich wütend, wenn ich lese, dass die Lehrer an der Schule das Mobbing an einem Schüler tatenlos mitansehen und Bert durch eigene gedankenlose Kommentare obendrein noch verletzen. Eine Sanktion dieses Fehlverhaltens gibt es nicht. Das Buch bietet hinterher eine späte Genugtuung, als sich alle Maskottchen solidarisch hinter Bert stellen und die kriminellen Jungen in einer Gemeinschaftsaktion zur Rechenschaft ziehen. Allerdings hat diese gerechte Strafe einen ziemlich negativen Beigeschmack, weil die Verbündeten von Bert nicht aus Liebe zu ihm handeln, sondern nur ihren Kameraden "Billy the Beast" schützen wollen.

Der Roman "Billy the Beast - ein Traum von einem Tiger" soll allen Jugendlichen Mut machen, sich zur Wehr zu setzen und aus der Opfer-Rolle zu befreien. Leider wird dieses Ziel nur teilweise erreicht. Deshalb kann ich nur 4 Sterne vergeben.