Reise in die alte BRD

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simonef Avatar

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Auch wenn ich selbst gut zehn Jahre jünger bin als der Protagonist Daniel und mich nicht mehr aktiv an das Jahr 1983 erinnere, so habe ich doch vieles an diesem Roman aus meiner eigenen Kindheit wiedererkannt. Das Lebensgefühl der Eltern, die Erwartungshaltung der Großeltern, der unerschütterliche Glaube an eine bessere Zukunft, das Aufrechterhalten des Scheins nach außen um jeden Preis – überhaupt die strikte Trennung zwischen dem Außen und dem Innen. Mit der Geschichte von Daniel und dessen Familie erzählt Schünemann exemplarisch auch die Geschichte Wirtschaftswunderdeutschlands und der Rezessionen nach den Ölpreiskrisen.

Während des Lesens schüttelte ich immer wieder fassungslos den Kopf über das Verhalten von Daniels Eltern, die trotz Pleiten scheinbar ungerührt weiterhin ihren Lebensstil pflegen und den Ernst der Lage nicht zu begreifen scheinen. Dass sie mit Geld nicht umgehen können, ist offensichtlich, doch aus ihren Fehlern lernen sie nicht. Zuweilen dachte ich mir, so blauäugig könne doch niemand sein, und da hat der Autor aber ein bisschen übertrieben. Umso erstaunter war ich, als ich Nachwort las, dass Schünemanns Familiengeschichte (jedoch mit veränderten Namen) die Grundlage für diesen Roman bildete.

Ein sehr lesenswerter Roman, der die Atmosphäre der alten Bundesrepublik noch mal lebendig werden lässt.