Ein Mann muss her!

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igela Avatar

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Als sich der jüngere Bruder von Amaya Baysan verlobt und die kleine Schwester kurz vor der Heirat steht, machen sich ihre Eltern noch grössere Sorgen um ihre älteste Tochter. Schliesslich ist Amaya schon 30 und weit und breit ist kein Freund in Sicht.

Um ihre Eltern zu beruhigen, meldet Amaya sich auf Minder, der Partnerschaftsbörse für muslimische Paare an. Ismael gefällt ihr gut … als guter Freund. Es ist Daniel, der beste Freund von Ismael, der ihr Herz in Wallung bringt.

Amaya traut sich nicht ihren Eltern Daniel vorzustellen, denn er hat nicht nur den falschen Glauben, er ist auch noch ein Schwabe.




Die Geschichte beginnt spritzig und witzig im Kreis der Familie Baysan. Bei etlichen Dialogen habe ich geschmunzelt und vor allem die Mutter von Amaya hat mich mit ihrer trockenen, aber auch engstirnigen Art begeistert.

Leider verliert sich der Witz und die Spritzigkeit im Lauf der Geschichte immer mehr. Amaya sucht auf Biegen und Brechen einen Freund, meldet sich bei Minder, der muslimischen Version von Tinder an. Zwischendurch biss ich mich durch Machtkämpfe mit Schauspielkollege Lucas und Zickereien am Set.

Amaya ist 30 Jahre alt und ihre Eltern haben Torschusspanik. Ein Freund, der Muslime sein muss, unabdingbar für das Ansehen der Tochter und der Familie. Amaya, gefangen zwischen zwei Kulturen, sieht das erst gelassen, gibt dem Druck jedoch immer mehr nach. Damit verkörpert sie sehr authentisch, die in Deutschland lebende junge Frau, deren Familie eine andere Kultur und ganz andere Werte lebt. Ich habe oft nicht verstanden, weshalb Amaya ihren Eltern, mit denen sie ein gutes und enges Verhältnis hat, nicht einfach von Daniel erzählt. Aber ich bin auch nicht in dem eng gesteckten Rahmen der Partnerwahl aufgewachsen wie die Protagonistin.

Die Autorin hat selbst marokkanische Wurzeln und das merkt man sehr gut. Denn nicht nur die Stimmung und Situation in der Familie Baysan ist gut eingefangen. Auch die Köstlichkeiten, die Mama Baysan auftischt, lassen Einblicke in die marokkanische Küche zu. Rituale, wie die vor der Hochzeit von Schwester Meryem fand ich spannend und lehrreich. Abgesehen von einigen Passagen, die vor allem um Amayas Arbeit als Schauspielerin gehen, liest sich die Geschichte gut und flüssig.

Besonders gut gefallen haben mir die Rückblicke in Amayas Kind und Jugendzeit. Diese sind in eingeschobenen Kapiteln in einem anderen Schriftbild verfasst und zeigen eine Realität von Kindern mit fremdländischen Wurzeln in Deutschland. Zwei Kulturen, die aufeinanderprallen und Amaya, die versucht ihren eigenen Weg zu finden. Absolut authentisch wird aufgezeigt, wie die Eltern Baysan versuchen ihren drei Kindern ihre Werte mitzugeben und sie zu integrieren.

Die Liebesgeschichte von Daniel und Amaya wird nicht gross ausgeführt. Tatsächlich geschieht gerade in der Phase der beginnenden Liebe in der Handlung ein Zeitsprung von einem Jahr. Der Fokus von «Bissle Spätzle, Habibi?» liegt vielmehr auf der Akzeptanz eines nicht muslimischen Freundes von Mama und Baba Baysan.