Hohe Erwartungen geweckt, aber leider nicht erfüllt

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martinasuhr Avatar

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Auf dieses Buch habe ich mich unsagbar gefreut, gerade als Südbadener springt einem das Lokalkolorit regelrecht an. Und grob die erste Hälfte des Buches hat mich auch mitgerissen. Ich fand es schön, Protagonistin Amaya und ihre Familie kennenzulernen. Es war spannend zu sehen, wie sie einerseits durch die marokkanische Kultur ihrer Eltern geprägt wurde, aber eben auch durch die westlichen Gepflogenheiten, da sie in Hamburg zur Welt kam. Sie hat sich durchbeißen müssen und gegen viele Klischees bestehen. Und genau an diesem Punkt setzt auch ein Teil meiner Kritik an. Ich weiß, dass es immer schwer ist, wenn mehrere Kulturen aufeinanderprallen, was natürlich oft auch zu Spannungen führt. Die Autorin öffnet den Blick dafür und sensibilisiert in gewisser Weise, was mir gefällt. Allerdings befremdet mich der Satz, mit dem dieses Buch beworben wurde: „… sprühendem Humor und feinfühligem Zeitgeist.“ Zum einen fehlte mir tatsächlich der sprühende Humor, es war eher tragisch, wie sich Amaya durchgeschlagen hat, wie sie sich ein Leben voller Lügen aufgebaut hat, nur weil sie unterschiedlichen Erwartungen gerecht werden soll – von den vielen Klischees die Schwaben betreffend will ich nun gar nicht anfangen. Ich habe mich sehr schwer mit Amayas Entwicklung getan. Am Anfang war ich auf ihrer Seite, mochte sie unglaublich, doch mit dem Zeitsprung schwand die Sympathie. In meinen Augen ist sie eine Heuchlerin, auch wenn die Gründe dafür nachvollziehbar sein mögen. Allerdings mag ich keine Egoisten, die die Gefühle anderer treten, nur weil sie selbst zu feige sind, für sich einzustehen. Wie ihr seht, das Buch hat mich emotional sehr gefordert. Auch wenn ich wichtig finde, für Toleranz und Respekt zu sensibilisieren, finde ich diesen Versuch leider nicht ganz so gelungen. Dennoch habe ich es in zwei Tagen gelesen, es auch beendet, was ich bei einem Buch, das mir so gar nicht gefällt, nicht machen würde.
Fazit: Probiert es! Vielleicht empfindet ihr es anders.