Späte Vergeltung für alte Sünden

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theresia626 Avatar

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„Bittere Sünde“ von Liselotte Roll ist der erste Thriller einer Reihe um den Kommissar Magnus Kalo. Gefoltert und mit Seilen an den Küchentisch gefesselt entdeckt der pensionierte Informatiker Lennart Wingedahl seinen Nachbarn Erik Berggren. Der vierzigjährige Frührentner und Alkoholiker lebte das ganze Jahr über in der Schrebergartenanlage von Eriksdalslunden und war seinen Nachbarn ein Dorn im Auge. Vermutlich lag die Leiche schon über eine Woche in der Laube. Kurz vor seinem Tod wurde das Opfer unterhalb der Gürtellinie mit kochendem Wasser übergossen. Gestorben ist er durch einen Stich in Brust. Magnus, Roger Ekman und Sofie Eriksson werden mit diesem Fall betraut. Als Magnus Eriks Mutter Gunvor Berggren, die in einem Altersheim lebt und dement ist, die traurige Nachricht vom Tod ihres Sohnes überbringen will, entdeckt er, dass auch sie die gleichen schweren Verbrennungen hat. Sie überlebt schwerverletzt. Wurde der Täter durch Magnus gestört? Die Ermittler sind auf der Suche nach ähnlich gelagerten Fällen und finden dabei heraus, dass Gunvor Berggren vor über dreißig Jahren eine Anzeige wegen Tierquälerei erstattet hat. Damals lebte sie noch auf einem Hof in Flaxenvik, etwas außerhalb. Der Hund wurde mit heißem Wasser übergossen und dann totgeprügelt. Der Täter wurde nie gefaßt, als Verdächtiger galt damals aber Erik Berggren. Magnus und Roger fahren zu dem Hof in Flaxenvik, der jetzt einem Zahnarztehepaar gehört. In der angrenzenden Scheune, die sich beide ansehen, werden sie von einer Gestalt beobachtet, die „sie mit hasserfülltem Blick durch einen Spalt in der Scheunenwand ganz genau beobachtete.“ (S. 54) Roger entdeckt bei seinen Ermittlungen, dass Eriks Vater, Gösta Berggren, Ende der fünfziger Jahre in Argentinien gearbeitet hat und verdächtigt wurde, eine Vierzehnjährige aus reichem Hause vergewaltigt zu haben. Kurz darauf floh er nach Schweden. Kann Annika Wirén, die Cousine von Erik Berggren Licht ins Dunkel bringen? Roger kann ihr in der Befragung keine Informationen entlocken, findet sie aber sehr attraktiv und anziehend. Dann gerät Magnus durch seine Ermittlungen in das Fadenkreuz des Täters, und plötzlich schwebt seine ganze Familie in Lebensgefahr. Wer ist nach so vielen Jahren auf Vergeltung aus? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

„Bittere Sünde“ von Liselotte Roll ist der Debütroman der Autorin. Er enthält alle klassischen Zutaten, die man für einen guten Thriller braucht. Allerdings scheint die Hauptperson Magnus Kalo wegen seines Desinteresses und seiner fehlenden Motivation eine Fehlbesetzung zu sein. Immerhin war er früher stolz, als Polizist zu arbeiten. Der Leser erfährt nicht, warum er sich so verändert hat. Was ihm an Motivation fehlt, hat ein junger Kollege im Übermaß. Linn, die als kognitive Verhaltenstherapeutin am Krankenhaus Huddinge Teilzeit arbeitet, beschäftigt sich schon bald intensiv mit dem Fall und stellt ihr eigenes Täterprofil auf. Sie versucht, Magnus das Böse im Menschen besser verständlich zu machen und begibt sich mit ihrer eigenen, tollkühnen Ermittlungsarbeit selbst in große Gefahr. Die Autorin entführt den Leser auch nach Argentinien während der Zeit der Militärdiktatur, wo in den Folterkellern der ESMA dreißigtausend unschuldige Menschen verschwunden sind. Die Sorge um die kranken Kinder, langwierige Beschreibungen des Familienlebens und ein melancholischer, frustrierter Polizist, das alles trägt dazu bei, dass die Spannung abnimmt und die Geschichte Längen bekommt. Eine straffere Darstellung würde dem Thriller gut tun. Ich würde dem nächsten Roman der Autorin durchaus eine Chance geben.