Absteigende Qualität

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
darcy Avatar

Von

Mabel ist mit einem Stipendium auf einer Eliteuniversität. Ihre Zimmergenossin ist die reiche und natürlich bildschöne Ev. Mabel, eher unscheinbar und etwas pummelig, möchte so sein wie Ev, möchte dazu gehören. Aber es dauert, bis Ev und sie auch Freundinnen werden und Ev Mabel bittet, mit ihr die Sommerferien auf dem Familenanwesen (oder besser gesagt im familieneigenen Urlaubsort) zu verbringen. Das diese wohlhabende und schöne Familie dunkle Geheimnisse hat, ist selbstredend. Und somit versprach das Buch, eine zwar irgendwie bekannte, aber dennoch unterhaltsame Geschichte bereit zu halten.

Bis zur Hälfte habe ich das Buch auch wirklich gerne gelesen. Danach wurde es immer mehr zu eine Art Verkehrsunfall: schrecklich, aber ich musste einfach weiter hingucken bzw weiterlesen.

Ein ganz großes Manko des Buches hat mich schon fast von Beginn gestört: Die Dialoge. Sie sind einfach furchtbar und werden immer furchtbarer im Laufe des Buches. So unnatürlich und gestelzt redet niemand. Ich hatte auch immer das Gefühlt, irgendwas verpasst zu haben innerhalb eines Gesprächs, weil die Figuren so sprunghaft und wage miteinander sprachen. Aber das hat mich bis zur Mitte des Buches nur peripher gestört. Zu sehr habe ich da noch Spaß beim Lesen gehabt. Mabel wandelt mit so großen Kinderaugen durch diese schöne reiche Welt, das man sich ihr gerne anschließt. Das sie selbst ein bescheidenes Elternhaus hat und das es da irgendein geheimnisvolles Unglück mit ihrem Bruder gab, ahnt man da schon. Mabel ist auch keine liebenswerte Person. Ich persönlich habe mit unsympathischen Hauptfiguren keine besonderen Probleme. Ich muss den Erzähler nicht mögen oder mich mit ihm identifizieren. Mabel ist in ihrem Neid, ihrer Wankelmütigkeit, ihrem Egoismus aber auch sehr real. In allen Problemen, die rund um Evs Familie auftauchen, denkt sie immer gleich, was es für sie und ihre Stellung in diesem Kreis bedeuten würde. Sie weiß auch, das sie nicht immer passend reagiert oder aus den falschen Gründen etwas empfindet. Das macht sie sehr real.

Mabel wird von einer von Evs Tanten auf das dunkle Familiengeheimnis angesetzt. Mabel scheut sich nicht, der Familie, die ihr so großzügig ihren Sommerurlaub finanziert, hinterher zu spionieren. Alle Personen bleiben schwer zu durchschauen, weil sie einfach so merkwürdig interagieren. Nach der Hälfte des Buches wird es leider immer merkwürdiger. Mabel und Ev sind ca 18 Jahre alt. Gerade Mabels Stellung zu anderen Personen in dem Buch wird stark überbewertet und wäre eher einer älteren Person angemessen. Allerdings verhalten sich die beiden aber doch eher wie 18jährige, besonders wenn es um Liebesdinge geht. Auch nimmt Mabel einen Flirt der 14jährigen Schwester von Ev extrem ernst. Mabels Position bzw ihre Wirkung auf die Familie werden nach der Hälfte geradezu unwahrscheinlich. Auch die ganze Situation in dem Urlaubsort ist eher märchenhaft. So reich wie die Familie ist, so ärmlich sind oft die Cottages. Es gibt nur ein Telefon in der ganzen Anlage und Handyempfang natürlich gar nicht. Zudem schlafen alle Beteiligten extrem viel. Wenn eine Person gerade nicht gebraucht wird, geht sie einfach zu Bett und fällt in einen tiefen Schlaf.

Fazit: die Geschichte verspricht zu Anfang viel. Auch finde ich die unsympathische Mabel sehr realistisch. Aber nach ca. der Hälfte des Buches kippt das Buch zusehends in Unglaubwürdige, alle bis dahin schon zu sehenden aber noch nicht entscheidenden Mängel treten immer stärker hervor und machen das Buch gegen Ende fast zu einem Märchen. Evt. ist es als Jugendroman angelegt und deswegen so schlicht aufgebaut. Dann hätte es aber so gekennzeichnet werden müssen und mich somit hätte warnen können. Diese ganze Familie, ihr Wohnsitz, alle Hundertdrölfzig urlaubende Verwandte, die Liebegeschichten, Mabels Stellung in der Geschichte machen das Ganze im Laufe des Buches zu einer sehr unwahrscheinlichen und realitätsfernen Angelegenheit. Bis ca. zur Hälfte habe ich mich, wie gesagt, noch relativ gut unterhalten gefühlt. Aber im letzte Viertel kippt den Buch derart ab ins Abstruse, das ich leider nicht mehr als 2 Sterne geben kann.