Die Liebe einer Mutter ist ein schwarzes Loch

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owenmeany Avatar

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Märchenhaft fängt es an und verweist dadurch gleich auf archetypische Konstellationen: eine Mutter mit drei ungleichen Söhnen, wie auch die Farben die Gefühlsebene ansprechen, nur ganz anders als gewohnt.

Systematisch und zielstrebig erstickt die Mutter Gloria Winter jeglichen Gewissensimpuls ihres vierjährigen Sohnes im Keim, als er leichtfertig Meeresgetier am Strand quält und tötet.

Von synästhetischen Impressionen überflutet verbreitet der Ich-Erzähler, mittlerweile 42 Jahre alt, seine seelischen Befindlichkeiten im Blog, aber in sauber ausformulierten Sätzen und voller obskurer philosophischer Ergüsse. Als sein Bruder Nigel "den Löffel abgibt", reagiert er mit unerträglichem Zynismus. Damit hat er schon eine kleine Gemeinde von lauter Freaks im Internet um sich geschart, die ihm fasziniert Beifall spenden. Immer mehr entfaltet er seine Ästhetik des Verbrechens.

Die Mutter mit dem Porzellanhunden-Spleen hat ihn in all ihrer verblendeten Spießigkeit unentrinnbar an sich gekettet, unter anderem mit den Elektrokabeln, mit denen sie ihn züchtigt. Die sich durch alle seine Ausführungen durchziehenden mysteriösen Andeutungen erzeugen eine gruselige Atmosphäre und Spannung, aber bei aller rationalen Einsicht in die existenzielle Notwendigkeit der Geheimhaltung kann man förmlich spüren, wie sein Mitteilungsdrang in ihm wühlt.

Was mich am meisten interessiert, sind die exquisiten Perversitäten, mittels derer Gloria Winter dieses intelligente Monster schuf. Würde Hitchcock noch leben: das wäre ein Filmstoff für ihn. Psycho lässt grüßen.