Optimal geschmacksneutral

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blaubeermuffin Avatar

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Nachdem die Leseprobe so vielversprechend klang, war ich vom Buch letztendlich sehr enttäuscht. Auf Seite 100 wusste ich noch nicht wirklich, worum es nun eigentlich geht, doch ich übte mich in Geduld und las weiter. Auch auf Seite 200 war ich nicht schlauer. Auch auf Seite 300 änderte sich das nicht, auch nicht auf Seite 400. Bis zum Schluss hatte ich beim Lesen nichts als Fragezeichen im Kopf.

Das Buch fängt mysteriös an und man wartet ständig darauf, dass etwas passiert. Leider bekommt man nur ellenlanges, pseudopsychologisches Geschwafel serviert und es reiht sich eine Banalität an die nächste. Zwar wird „blauauges“ Heimat, eine spießige, verschlafene Kleinstadt im Norden Englands, mitsamt ihren Einwohnern sehr anschaulich und detailliert beschrieben, aber Spannung kommt höchstens punktuell und auch dann nur sehr spärlich auf.

Die Story an sich ist äußerst wirr und an den Haaren herbeigezogen. Weder fand ich irgendeine Figur in diesem Buch sympathisch, noch konnte ich mich mit irgendjemandem identifizieren. Wie auch, wenn man die meiste Zeit über nicht kapiert, wer jetzt wer ist und was tut und warum und überhaupt. Das Motiv der unzähligen Nicknames und vorgetäuschten Identitäten ist schon sehr bald überstrapaziert und geht einem auf die Nerven. Zu allem Überfluss nimmt die Handlung zu Anfang des letzten Drittels eine äußerst seltsame Wendung, als nämlich herauskommt, dass die beiden Erzähler „blauauge“ und „Albertine“ überhaupt nicht diejenigen sind, für die man sie die ganze Zeit über hielt. Hier war ich ernsthaft kurz davor, das Buch endgültig wegzulegen.

Noch nie habe ich einen Roman wie diesen gelesen, der fast ausschließlich aus Rückblenden und endlosen Wiederholungen besteht und bis zum Schluss nicht zu Potte kommt. Leider ist auch das Ende eine große Enttäuschung. Anstatt Klarheit zu schaffen, bricht das Buch einfach ab und lässt einen mit vielen unbeantworteten Fragen und, um mal in die Diktion des Protagonisten zu verfallen, einem schalen Nachgeschmack zurück. Hätte ich diesen Roman nicht als Vorab-Leseexemplar zugeschickt bekommen, ich hätte ihn nach spätestens 100 Seiten abgebrochen.