Traurig schöne Schwestern

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buchtaucherin Avatar

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“If you had been my twin, sang Lucky. Could I habe shared the pain you were in? (...) Aber sie waren Schwestern, keine Zwillinge. Vom selben Ort, aber nicht aus der selben Zeit.” (S. 411)

Nicky ist tot, gestorben mit 27 an einer Überdosis Fentanyl, das sie gegen ihre Endometriose-Schmerzen genommen hat. Ein Jahr nach ihrem Tod treffen sich ihre drei Schwestern, Avery, Bonnie und Lucky, in der New Yorker Wohnung wieder, in der sie groß geworden sind und in der Nicky bis zu ihrem Tod lebte, denn die Wohnung soll verkauft werden. Ihre sehr erfolgreichen Leben sind in diesem Jahr ohne Nicky völlig aus der Bahn geraten. Süchte durchziehen die Familienbiografie: Das Aufwachsen mit einem alkoholabhängigen Vater und einer Mutter, die mehr mit ihm als den Kindern beschäftigt war, ist in seinen Auswirkungen auch im Jetzt noch fordernd. Und so stehen sie nun alle vor ihren Konflikten:

💙 Bonnie hat ihre erfolgreiche Boxkarriere nach einer Niederlage, die sich an Nickys Tod angeschlossen hat, an den Nagel gehängt. Auch ihre Gefühle für ihren Trainer leugnet sie vor sich selbst.
💙 Luckys Alkohol- und Drogenabhängigkeit beenden ihre Modelkarriere nach einem unschönen Zwischenfall bei einer Show.
💙 Die Anwältin Avery fährt ihre Ehe an die Wand, als sie sich der Frage stellen muss, ob sie mit ihrer Partnerin Kinder haben will und in alte von Sucht geprägte Muster zurückverfällt.

Gespannt habe ich verfolgt, wie sich die Lebenswege der drei Schwestern entwickeln, die die Trauer um Nicky eint und gleichzeitig entzweit, denn das stabile Konstrukt, das sie zu viert hatten, in dem jede ihre Loyalitäten und Allianzen hatte, ist ins Wanken geraten. Ich mochte diese drei extrem erfolgreichen Frauen mit ihren tiefen persönlichen Abgründen - und hab mich gleichzeitig gefragt, wie realistisch es ist so erfolgreich und so süchtig zu sein - zumindest im Fall von Avery und Lucky. Mir gefiel es wie Coco Mellors die Bande zwischen den Schwestern beschreibt, das gefiel mir sogar besonders gut, denn trotz all der Liebe und Verbundenheit sind da eben auch viele Verletzungen und Konflikte. Und dann ging mir am Ende alles doch etwas zu leicht und zu schnell was das “wieder in die Bahn kommen” angeht und der Roman war zuende. Und das fand ich sehr schade, denn ich hab mich sehr wohlgefühlt in Gesellschaft der Blue-Sisters.