Harry als Privatermittler

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Harry Hole ist in Los Angeles gestrandet und trinkt. Als er Lucille trifft, die Schulden bei der mexikanischen Mafia hat, gibt ihm das ein bisschen Lebensmut zurück. Er will der Frau helfen, und die einzige Chance, so viel Geld zu verdienen, um Lucilles Schulden zu bezahlen, bedeutet, dass er das Angebot des Osloer Immobilienhais annehmen muss. Der steht unter dem Verdacht, am gewaltsamen Tod zweier Frauen beteiligt zu sein und der berühmte Harry Hole soll helfen, ihn zu entlasten.

So fand ich’s:

Dass Harry Hole noch lebt, ist schon erstaunlich. Er hat alles verloren und der Alkohol gibt ihm den Rest, er ist ein Schatten seiner selbst – wie so oft in seinem Leben. Doch seinen scharfen Verstand und den Polizistenblick kann er nicht abstellen und so lässt er sich darauf ein, nach Oslo zurückzukehren und hier auf privater Basis zu ermitteln. Die Osloer Polizeiermittler möchten Harry gerne im Team haben, doch die Führung sperrt sich dagegen, einen nicht kontrollierbaren Trinker anzustellen. Dass Harry nun für den Verdächtigen selbst arbeitet, freut seine Freunde bei der Polizei, doch die Vorgesetzten sind weniger begeistert.

Harry stellt sich ein Team zusammen, deren Mitglieder Fans dieser Reihe schon kennen. Zusammengearbeitet haben diese Menschen in dieser Kombination zwar noch nie, die geballte Kompetenz, Skrupellosigkeit und Lebenserfahrung – und ein illegaler Zugriff auf die Polizeidatenbank – führen aber zu erstaunlichen Erkenntnissen. Die Sitzungen dieses Teams fand ich genial und es machte viel Spaß, dieser bunten Truppe über die Schulter zu sehen.

Die beiden jungen Frauen, die ermordet wurden, feierten zuletzt auf einer Party von Harrys Auftraggeber. Deshalb geriet dieser auch in Verdacht. Selbst Harry hält es für möglich, dass er seinen Geldgeber überführen wird und ermittelt in alle Richtungen.

Nesbø führt die Leser ganz schön an der Nase herum. Mit seinen altbekannten und geschickt eingesetzten Stilmitteln wird an passender Stelle ausgeblendet, abgebrochen, es werden falsche Fährten gelegt und ein Eindruck erweckt, der täuscht. Oder den man als Täuschung entlarvt zu haben glaubt und der dann doch stimmt. Die einzelnen Personen sind nicht schwarz und weiß angelegt, alle haben ihre Gründe und Motive, aber das Zusammenspiel der Menschen führt manchmal zu Katastrophen – oder verhindert sie ungewollt. Nesbø hat es wirklich drauf, die Spannung zu halten und trotz Harrys Düsternis musste ich auch schmunzeln, denn der hard boiled Ermittler lässt sich von einem Dreijährigen total um den Finger wickeln. So wird selbst der verzweifelte Abgrund ein bisschen aufgeweicht. Was ich allerdings ziemlich heftig fand, war die Methode des Bösewichts, um zum Erfolg zu kommen. Eine ganz neue Idee, brillant umgesetzt, aber … brrrrr … es schüttelte mich doch.

Für mich hat Harry Hole nichts an seiner Faszination verloren und auch in der 13 Variante habe ich den Ausflug in Harrys verkorkstes Leben sehr genossen!

Die Hörversion hat mir prima gefallen, auch wenn ich mich an Harrys rauchige Stimme, so wie Uve Teschner sie interpretiert, erst gewöhnen musste. Am Ende fand ich sie genau passend.