Familiendrama mit mythischen Elementen

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„Blutstein“ ist der dritte Teil der Öland-Tetralogie des schwedischen Journalisten und Autors Johan Theorin und mein erstes Buch von ihm. Man muss sich darauf einlassen, dass Theorin mit „Blutstein“ keinen klassischen Krimi vorlegt, sondern auch in diesem Werk, wie im gesamten Jahreszeiten-Quartett, die Insel „Öland“ im Mittelpunkt steht und der heimliche Hauptdarsteller, die heimliche große Liebe des Autors ist.

Mit „Blutstein“ erschafft Theorin daher einen Roman, der in erster Linie (dramatische) Familiengeschichten sowie die Insel Öland und deren Mythen und Legenden thematisiert. Kriminalistische Elemente spielen eher eine untergeordnete Rolle, klassische „Ermittlerarbeit“ gibt es in dem Sinne so gut wie gar nicht. Da ich in erster Linie einen klassischen Krimi erwartet hatte, dauerte es recht lange, bis ich mich in die Geschichte und die verschiedenen Protagonisten eingefunden hatte. Dennoch motivieren ein ansprechender Stil sowie kurze Kapitel zum raschen Weiterlesen. 

Sehr beeindruckend finde ich die exakten, detailgetreuen Landschaftsbeschreibungen des Autors. Es wird eine morbide, düstere, geheimnisvolle Stimmung bei der Beschreibung Ölands hervorgerufen. Ich wurde so neugierig, dass ich im Internet nach Fotografien der Insel und hier insbesondere der Alvar gesucht habe - und was soll ich sagen? Genau so wie auf den Fotos habe ich mir die Schauplätze anhand der Beschreibungen des Autors vorgestellt. Das gelungene Cover des Romans sei hierfür beispielhaft zu nennen.

Diese Naturbeobachtungen und Landschaftsbeschreibungen machen einen Schwerpunkt des Romans aus. Intensive Charakterstudien sowie ausführliche Erläuterungen zur nordischen Mythologie (Elfen/Trolle) runden den dritten Teil des Ölandquartetts ab. Der Leser muss sich auf den neuen Roman von Theorien bewusst einlassen, um die wunderbare Atmosphäre der Insel Öland genießen zu können. Die Leserschaft, die einen klassischen Krimi bzw. konkrete Ermittlerarbeit erwartet, wird mit „Blutstein“ nicht glücklich werden. Dieser Roman lebt eher von psychologischer Spannung, der Schönheit der Natur und Geschichten der Nordischen Mythologie. Es sei darauf hingewiesen, dass es sich aber keinesfalls um einen Fantasyroman handelt, da alle „mystischen“ Begebenheiten zu meiner Genugtuung nachvollziehbar und logisch erklärt werden. 

„Blutstein“ ist ein sehr komplexes Werk, da Theorin eine Vielzahl von Protagonisten erschafft und den Leser mit zahlreichen Problematiken der einzelnen Charaktere konfrontiert. Die ein oder andere Figur in „Blutstein“ erklärte sich mir beispielsweise erst nach der Lektüre des ersten Teil des Quartetts, Öland. Von daher halte ich eine vorausgehende Lektüre von „Öland“ und „Nebelsturm“ zwar nicht für zwingend erforderlich, doch sicherlich empfehlenswert, zumal „Öland“ auch deutlich mehr kriminalistische Elemente beinhaltet und so dem Leser möglicherweise den Weg zu dem recht krimiarmen, dafür aber atmosphärischem „Blutstein“ ebnet.

Fazit: Leser, die die Stimmung eines skandinavischen Romans mögen und ein komplexes Geflecht von Protagonisten nicht scheuen, werden an diesem Roman ihre Freude haben. Wer einen blutigen Krimi sucht oder eine „Kommissar-sucht-den-Mörder“-Geschichte erwartet, dem sei von „Blutstein“ abzuraten.