Unvergleichliche Atmosphäre

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Neben Arne Dahl zählt er monentan zu meinen absoluten schwedischen Lieblingsautoren: Der gebürtige Öländer Johan Theorin, der seiner Heimatinsel mit dem Öland-Quartett auch literarisch ein Denkmal gesetzt hat. Mit  „Blutstein“ liegt nun der dritte Band der Tetralogie vor, der sich nach Herbst (Öland), Winter (Nebelsturm) nun mit dem Frühling auf der Insel beschäftigt. Wer aber glaubt, dass diesmal die Atmosphäre fröhlicher oder bunter sei, der sieht sich schon im Prolog getäuscht:

 Der Stockholmer Per Mörner will mit seinen Kindern Nilla und Jesper den Sommer auf der Insel verbringen und ist dazu in sein Sommerhaus nach Öland gereist. Allerdings steht sein Aufenthalt unter keinem guten Stern, da seine Tochter Nilla im nahegelegenen Krankenhaus auf dem Festland operiert werden muss und auf seinen Vater Jerry Mörner ein Brandanschlag verübt worden war. Notgedrungen nimmt er seinen Vater bei sich auf und beginnt auf eigene Faust zu recherchieren, was sich hinter dem mysteriösen Brandanschlag verbirgt.

Aber nicht nur Per ist mit seiner Familie auf Öland angekommen, auch der Kochbuchautor Max Larsson und seine Frau Vendela haben sich in ihrem Ferienhaus in der Nähe des Steinbruchs bei Stenvik niedergelassen. Max versucht, Inspirationen für sein neues Kochbuch zu bekommen und seine Gattin beginnt, sich mit ihrer eigenen Kindheit, die sie auf Öland verbracht hat, zu beschäftigen. Doch nicht nur neue Charaktere bevölkern Theorins Buch, auch alte Bekannte wie Julia und Gerlof Davidsson sind mit von der Partie. So wirkt das Buch schon nach ein paar Seiten, als würde man wieder auf altbekannte Freunde treffen und eine Art Wiedersehen auf Öland feiern.

Geschickt schafft es Theorin, aus den unterschiedlichen Handlungssträngen und seinem Ensemble an höchst unterschiedlichen Protagonisten ein rundherum überzeugendes Buch zu gestalten. Er verbindet seine drei Hauptstränge rund um Per, seinen Vater, Vendela und Max Larsson sowie Gerlof Davidsson geschickt und mischt einen Cocktail, bei dem sich wider Erwarten die Themen Elfe und Trolle und die schwedische Pornobranche bestens verbinden. Zwar gibt es in Theorins Bücher keine von den anderen skandinavischen Krimis bekannte Figur eines Detektivs oder Ermittlers, doch die benötigt der Autor auch gar nicht. Er schafft es trotzdem, dass der Leser mitermittelt und sich seine eigenen Gedanken macht. Auch kreiert Theorin wie in seinen Vorgängerbänden auch eine düstere und bedrohliche Atmosphäre, die in anderen Büchern Ihresgleichen sucht.

Hatte mich das Buch bereits restlos begeistert, hatte ich in der letzte Woche zudem das Glück, bei einer Lesung von Johan Theorin in München anwesend sein zu dürfen, wo er genauer über sein Buch Auskunft gab. So erzählte er, dass er sich für seine Bücher jeweils das landestypische Personal suche, dass zur entsprechenden Jahreszeit das schwedische Eiland bevölkere. Dies seien im Frühling und dann auch im Sommer die aus Stockholm angereisten Städter, die in ihren Sommerhäusern ruhige Wochen verleben. Auch liege es ihm am Herzen, in seinen Büchern seinem Großvater, den er nur ganz kurz kennenlernte, ein literarisches Denkmal zu setzen, da er ihn in der Figur des Gerlof Davidsson immer wieder auftreten ließe.  Höchst erfreut zeigte er sich zudem, dass seine Bücher auch in Deutschland so gut ankommen, obwohl wir ja wahrlich von skandinavischen Krimis schier überschüttet werden.

Mit seiner Atmosphäre und der hervorragenden Ausführung spricht das Buch in meinen Augen eine ganz deutliche Sprache und ich konstatiere, dass dieses Buch zu den besten Neuerscheinungen des Frühjahrs, ja bereits zu den besten Neuerscheinungen des Jahres 2011 zählt!

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)