Von Fabelwesen und vom Feuer

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Ein vollständiges Jahreszeiten-Quartett sollen die Bücher des schwedischen Krimi-Autors Johan Theorin in naher Zukunft einmal ergeben: Der Herbst-Teil („Öland“) war gleichzeitig das Debüt des in Göteborg lebenden Schriftstellers. Es folgten bald darauf der Winter-Titel („Nebelsturm“) und nun mit der Neuerscheinung „Blutstein“ die entsprechende Frühjahrs-Komponente.

Anders als bei einer Reihe scheint es der Wunsch des Autors gewesen zu sein, dass die einzelnen Bücher des Jahreszeiten-Quartetts unabhängig voneinander und in loser Reihenfolge gelesen werden können. Es ist daher keinesfalls zwingend erforderlich, die vorangegangenen Bücher des Autors zu kennen, um den Ereignissen in „Blutstein“ folgen zu können.

Allen Krimis gemeinsam ist die regionale Zuordnung, denn die Ereignisse entführen den Leser jeweils auf die südschwedische Insel Öland. So steht in „Blutstein“ eine Handvoll unterschiedlichster Personen im Mittelpunkt, deren Schicksale sich dadurch miteinander verbinden, weil sie sich als Nachbarn ihrer Ferienhäuser auf Öland kennen lernen. Dabei befindet sich die überschaubare Ferienhaussiedlung am Rande eines aufgelassenen Steinbruchs, um den diverse Legenden ranken. Eine gut sichtbare, blutrote Gesteinsschicht gilt den Einheimischen bis heute als Beweis dafür, dass es an dieser Stelle ehemals verlustreiche Kämpfe zwischen den hier lebenden Elfen und Trollen gegeben hat.

Tief beeindruckt von der möglichen Anwesenheit dieser Naturwesen zeigt sich Vendela, die bereits ihre Kindheit auf Öland verbracht hat und nun gemeinsam mit ihrem Mann Max genau hier eine ruhige Zuflucht fern der städtischen Betriebsamkeit sucht. Ganz anders hingegen liegen die Dinge beim zweifachen Familienvater Per, dessen Aufmerksamkeit vor allem seiner schwerkranken Tochter gilt. Als Per nach einem Brand das schwierige Verhältnis zu seinem Vater Jerry wieder aufnehmen muss, rückt mit den polizeilichen Ermittlungen die doch sehr ungewöhnliche berufliche und private Vergangenheit seines Vaters mehr und mehr in den Vordergrund. Ebenfalls von der Vergangenheit eingeholt wird der Bewohner eines weiteren Ferienhauses; Gerlof hat seine Entlassung aus dem Altenheim vehement durchgesetzt, um sich mit den Tagebüchern seiner verstorbenen Frau in die Einsamkeit zurück zu ziehen. Bei einem Nachbarschaftsfest schließlich treffen die zuvor einzeln skizzierten Charaktere aufeinander.

Als Kriminalroman zeichnet sich „Blutstein“ tatsächlich allein durch die Untersuchungen in Folge des Brandanschlages aus, bei dem zwei Personen ums Leben kamen. Darüber hinaus liegt die Faszination des Buches vor allem auf der zwischenmenschlichen Ebene und in der naturnahen Atmosphäre begründet. Theorins Neuerscheinung reißt den Leser kaum durch einen ausgeprägten Spannungsbogen mit, sondern begleitet ihn vielmehr sanft hinein in die Geschichten und Mythen dieser Region.

Für Krimi-Fans, die sich an detailgetreuen Untersuchungsergebnissen und schweißtreibenden Ermittlungserfolgen erfreuen, könnte „Blutstein“ möglicherweise zu wenige kriminalistische Komponenten bieten. Für Fans der skandinavischen Literatur jedoch ist dieses Buch in jedem Fall empfehlenswert, da zwischen den Zeilen viel vom schwedischen Frühling verwoben ist.