Ein raffinierter japanischer Whydunit

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buecherfan.wit Avatar

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Keigo Higashino ist in Japan seit langem ein gefeierter Bestsellerauto. Sein “neuer” Roman erschien bereits 1996 in japanischer Sprache unter dem Titel “Akui”.

Der wenig erfolgreiche Kinderbuchautor Osamu Nonoguchi besucht seinen ungleich erfolgreicheren Freund, den Schriftsteller Kunihiko Hidaka am Vorabend seiner Abreise nach Vancouver, wo er mit seiner zweiten Frau Rie ein neues Leben beginnen will. Im Garten des Hauses begegnet Nonoguchi einer Nachbarin, die Hidaka beschuldigt, ihre Katze vergiftet zu haben. Später sucht eine junge Frau namens Miyako Fujio den Schriftsteller auf. Sie wirft ihm vor, in dem kaum verschlüsselten Bestseller “Verbotene Jagdgründe” das Ansehen ihres Bruders Masaya Fujio in den Schmutz gezogen zu haben, indem er wenig schmeichelhafte Episoden aus seinem Leben öffentlich machte. Die beiden Schriftsteller und Fujio kannten sich seit der gemeinsamen Schulzeit. In einem Anruf bittet Hidaka seinen Freund Nonoguchi später, noch einmal vorbeizukommen. Zu diesem Treffen wird es nicht mehr kommen. Nonoguchi und die Ehefrau finden Hidakas Leiche im abgeschlossenen Haus.

Kommissar Kyochiro Kaga ermittelt in dem Mordfall. Er kennt Nonoguchi aus ihrer Zeit als Lehrer an derselben Schule. Beide haben sich dann später beruflich anders orientiert. Kaga wurde Polizist, Nonoguchi widmete sich der Schriftstellerei. Kaga verdächtigt Nonoguchi, obwohl er ein wasserdichtes Alibi hat und Hidakas bester Freund war. So scheint es wenigstens.

Im Laufe der Ermittlungen ergeben sich immer neue Indizien für Täter und Motiv. Kaga geht jeder Unstimmigkeit nach, will unbedingt die Wahrheit ans Licht bringen. Er kennt schon bald den Täter, aber nicht sein wahres Motiv. Beide sind ebenbürtige Gegner in einem Katz-und-Maus-Spiel, bei dem der Kommissar ein Geflecht von Lügen und falschen Fährten entwirrt. Nichts ist, wie es scheint. Es gibt immer neue Wendungen, und der Kommissar muss tief in der Vergangenheit nach der Lösung suchen.

Erzählt wird die raffiniert komponierte Geschichte aus wechselnder Perspektive, der des Kommissars und der des Mordverdächtigen. Es passiert wenig, d.h. es wird fast ausschließlich berichtet und beschrieben. Der Autor erforscht die Entwicklung von Beziehungen und wie sie manipuliert und gedeutet werden können. Das Böse und die erschreckende Beliebigkeit, mit der es seine Opfer trifft, wird ebenfalls thematisiert genauso wie Angst, Hass und Neid, die letztlich zu einer Bluttat führen können.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, obwohl er anders ist als alles, was man vom deutschen und anglo-amerikanischen Markt kennt. Was mich am meisten erstaunt, ist, dass es fast 20 Jahre gedauert hat, bis dieser Roman des Bestsellerautors Higashino in deutscher Übersetzung erscheint. Auch die englische Übersetzung ist erst seit Oktober 2014 auf dem Markt. Wo gibt es sonst noch einen Autor, der 2 Millionen Exemplare eines Buches verkauft wie Higashino von “Verdächtige Geliebte” im japanischen Original?