Schreiben kann gefährlich sein

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adel69 Avatar

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Aus der Bücherei habe ich mir folgenden Krimi ausgeliehen

==Böse Absichten==

des japanischen Autors

==Keigo Higashino==

Wie ich das Buch finde, zeigt der folgende Bericht.


==Ein berühmter Schriftsteller wird ermordet – oder: die Handlung==

Kumihiko Hidaka, ein berühmter und erfolgreicher japanischer Schriftsteller, liegt eines Abends ermordet in seinem Haus. Seine Frau Rie und er wollten in wenigen Tagen nach Vancouver in Kanada aufbrechen, wo sie planten, einige Jahre zu leben. Umzugskisten waren gepackt, Hidakas Haus war fast leer. Die beiden letzten Nächte vor der Ausreise wollten Rie und Hidaka noch in einem Hotel verbringen.

Doch Hidaka wollte noch an seinem neuen Manuskript in seinem Haus arbeiten. Noch einige Seiten hatte er zu schreiben – dann wäre das Buch fertig gewesen und der Verlag hätte es per Fax erhalten. Doch mitten im Schreiben wird Hidaka ermordet. Rie und Nonoguchi, ein Freund Hidakas, finden die Leiche.

Kommissar Kaga ermittelt. Könnten vielleicht Mitglieder der Familie Fujio den Mord verübt waren? Masaya Fujio galt nämlich als Vorlage für eine Hauptfigur in einem von Hidakas Romane – und als seine Familie davon erfuhr, war sie sauer auf Hidaka. Oder war es Frau Niimi, dessen Katze Hidaka vergiftet hatte, weil sie immer ihre Notdurft in seinem Garten verrichtet hatte?
Kommissar Kaga ermittelt in alle Richtungen. Die Tatsache, dass er Nonoguchi von früher kennt, macht ihn besonders verdächtig. Nonoguchi und Kaga arbeiteten beide schon als Lehrer – und Nonoguchi und Hidaka gingen schon miteinander auf dieselbe Schule.

Doch nicht nur der Mörder muss gefasst werden – Kaga ist auch sehr daran interessiert, das Mordmotiv zu ergründen. Und diese Aufgabe ist ziemlich knifflig.


==Schreibstil und andere Besonderheiten==

Das Buch ist flüssig geschrieben mit interessanten Charakteren und einiger wörtlicher Rede. Ich finde, dass es eher eine Dokumentation ist und kein Roman. Manchmal ist die Schreibe fast schon emotionslos.

Es gibt einige Ich-Erzähler. Einmal schreibt Nonoguchi die Ereignisse aus seiner Sicht, dann liest man die Ereignisse aus Sicht von Kommissar Kaga, wobei dieser gleich seine Überlegungen zu dem Mordfall und seine Ideen mit einbringt. Das liest sich oft wie eine Dokumentation. Ich erfahre nichts über Kagas Privatleben, nichts über seine Gefühle. Kaga stößt auf einige auffällige Details im Leben von Hidaka und seines Verdächtigen – und er stellt Überlegungen an, warum Dinge so sind, wie sie sind, und warum Dinge so passiert sind, wie sie passiert sind. Dabei lässt er jegliche Emotionen weg.

Auch ein Kapitel gibt es, in dem Mitschüler und Lehrer, die Hidaka und Nonguchi kannten, befragt werden.

Das ganze Buch ist in der Vergangenheit geschrieben. Auffällig ist ebenfalls die höfliche Sprache, die in den Dialogen und im gesamten Schreibstil des Autors zu finden ist. Es gibt also keine ordinäre Sprache, was ich beim Lesen als sehr angenehm empfinde.

Erwähnenswert ist auch, dass es sich hier um einen Roman handelt, der nicht brutal ist. Der Ermordete wird also nicht in allen Einzelheiten geschrieben. Man merkt also: In diesem Roman sind keine splatterhaften Beschreibungen wichtig, die beim Leser Ekelgefühle auslösen können. Dennoch kann der Roman packen, mitreißen, den Leser bei der Lektüre halten. In diesem Kriminalroman geht es vorrangig um die Denkarbeit. Die Denkarbeit, die Kommissar Kaga leistet, um den Mörder und sein Motiv oder seine Motive für den Mord an Hidaka zu finden.


==Meine Meinung zu dem Buch==

Das Buch habe ich gerne gelesen – was vor allem dem Schreibstil des Autors Keigo Higashino zu verdanken ist. Es war interessant, dieses höfliche Buch, diese immer wieder nüchterne Dokumentation zu lesen.

Dass ich schon sehr bald wusste, wer der Mörder war, fand ich zuerst negativ. Fast hätte ich das Buch weggelegt, denn ich dachte nicht mehr daran, dass es noch spannend werden würde. Doch – weit gefehlt! Die Art und Weise, wie Kommissar Kaga zu ergründen versucht, welche Motive der Mörder hatte und wie er den Mörder befragt, haben mich an der Lektüre gehalten.
Irgendwann stehen die Mordmotive fest, aber es sind noch einige Seiten zu lesen. „Was kommt denn noch?“, denke ich fast verärgert, denn ich will die Lektüre endlich beenden. Die Interviews mit Lehrern und Klassenkameraden und anderen Menschen, die Hidaka kannte, finde ich zu ausführlich und zu viel – zumal sie meine Ansichten über Hidaka und über seinen Mörder komplett durcheinanderbringen.

Aber der Schluss des Buches wartet noch mit einem Clou auf – einer unerwarteten Wendung. Dadurch wächst mein Respekt vor Kommissar Kaga noch mehr. Denn das, was er zum Schluss herausfindet und womit er den Mörder konfrontiert, ist einfach großartig! Und dieser Schluss versöhnt mich mit manchen Längen, die das Buch aufweist.


==Schreibfehler==

Einige wenige Schreibfehler weist das Buch auf, die wohl vor dem Druck übersehen wurden.

Auf Seite 36 wurden „das“ und „dass“ verwechselt. Im Buch steht: „Leider war Hidakas Tod nicht von solchem Interesse, das ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Sondersendung dazu bringen würde.“ Das Wort „das“ ist hier falsch gebraucht. Es muss „dass“ heißen.

Auf Seite 80 gibt es folgenden Satz, mit dem Kommissar Kaga den Mörder konfrontiert:
„Das war unentbehrlich für Ihre Geschichte, nach der sie um 20 Uhr zum Haus der Hidakas zurückkehrten…“
Es muss „nach der Sie um 20 Uhr zum Haus…“ heißen – das Wort „Sie“ muss großgeschrieben sein, da der Kommissar und der Mörder sich siezen und der Kommissar den Mörder in diesem Satz anspricht.
Auf Seite 183 steht: „Die Langsamkeit, in der das alles von statten ging…“ „vonstatten“ schreibt man zusammen, ich habe extra nochmals im „Duden“ nachgesehen.


==Mein Fazit==

Das Buch „Böse Absichten“ von Keigo Higashino hat mir gefallen. Es ist ein nüchtern geschriebener Kriminalroman, den ich eher als „Dokumentation der Motive für einen Mord“ bezeichnen würde.

Dass dieser Roman relativ unblutig ist und es vorwiegend um die Denkarbeit geht, die ein Kommissar leistet, um einen Mordfall aufklären zu können, finde ich interessant. Das ist ein anderer Kriminalroman als die, die man sonst so liest – und das habe ich bei der Lektüre sehr geschätzt.

Allerdings finde ich, dass der Roman immer wieder Längen aufweist, deswegen reicht es bei meiner Bewertung auch nicht für fünf Sterne, sondern nur für vier.
Ich vergebe „Böse Absichten“ vier Sterne und empfehle das Buch weiter.

P.S.: Rezensionen von mir erscheinen noch auf mehreren Plattformen – beispielsweise Ciao.de, wo ich unter dem Namen „Sydneysider47“ schreibe. Auf dem Buchblog der Verrückten Leseratten habe ich einen ähnlichen Usernamen, bei Amazon.de schreibe ich als „Irina Melbourne“ etc.