Wendungsreich und raffiniert!

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Kurzbeschreibung (Klappentext)
Der gefeierte Bestsellerauto Kunihiko Hidaka wird in seinem Haus brutal ermordet, unmittelbar bevor er nach Kanada auswandern will. Seine Ehefrau und sein erfolgloser Kollege Osamu Nonoguchi finden die Leiche, aber beide haben wasserfeste Alibis und kein Motiv. So scheint es zumindest zu Beginn der Ermittlungen von Kommissar Naga…

Autor (Quelle: amazon)
Keigo Higashino, wurde 1958 in Osaka, Japan, geboren. Nach seinem Ingenieurs-Studium begann der Kapitän einer Bogenschützenmannschaft Kriminalromane zu schreiben. Viele seiner Kriminalromane wurden für Kino und Fernsehen adaptiert und mit Preisen ausgezeichnet. Sein größter Erfolg war »Verdächtige Geliebte«, das sich in seiner Heimat mehr als zwei Millionen Mal verkauft hat. Er lebt zurückgezogen in Tokio.

Allgemeines
Titel des japanischen Originals: Akui (erschienen 2001), ins Deutsche übersetzt von Ursula Gräfe
Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 23.Mai 2015 bei Klett-Cotta, Taschenbuch 288 Seiten
Gliederung: mehrere Hauptteile, Ich-Erzählungen aus unterschiedlichen Perspektiven
Die Handlung spielt um 2001 (mit Rückblenden auf die Jugend der Protagonisten) in Japan.

Zum Inhalt...
...soll nicht viel gesagt werden, um nichts Wesentliches vorwegzunehmen. Als der erfolgreiche Schriftsteller Kunihiko Hidaka in seinem Haus ermordet wird, gibt es aufgrund der speziellen Umstände nur zwei Tatverdächtige, die beide ein Alibi zu haben scheinen. Dem mit den Ermittlungen beauftragten Kommissar Kaga gelingt es dennoch schnell, einen Tatverdächtigen dingfest zu machen. Dieser legt auch bald ein Geständnis ab, der Kommissar will sich allerdings nicht mit der Entlarvung des Mörders zufriedengeben, sondern unbedingt das Motiv hinter der Tat ergründen. Da sich der Tatverdächtige nicht kooperativ zeigt, muss Kommissar Kaga eine Reise in dessen Vergangenheit antreten und die Aussagen von Mitschülern, Lehrern, Nachbarn und Bekannten sammeln, die ein überraschendes Bild ergeben.

Beurteilung
Obwohl auch für den Leser die Identität des Mörders nicht lange ungewiss bleibt, handelt es sich bei "Böse Absichten" um einen wendungsreichen und raffinierten Krimi. In den ersten Teilen des Romans werden abwechselnd die Niederschriften des Tatverdächtigen und des Kommissars präsentiert. Als Kommissar Kaga zunehmend Zweifel an der Darstellung des Verhafteten hegt, beschließt er, sich ein eigenes Bild über dessen Persönlichkeit und Beziehung zum Mordopfer zu machen. Die weiteren Teile des Romans bestehen aus Zeugenaussagen, die allerdings je nach der befragten Person unterschiedliche Eindrücke erzeugen. Der Leser erlebt - ebenso wie der Kommissar - ein Wechselbad der Gefühle, da er die Persönlichkeiten von Täter und Opfer nicht wirklich einordnen kann und lange über das Motiv der Tat im Unklaren bleibt.
Das Thema "Mobbing", das offenbar auch an Japans Schulen aktuell ist, nimmt bei den Rückblenden in die Vergangenheit viel Raum ein. Allerdings zeigt es sich, dass die Schuldfrage zu den Vorgängen an der Schule der beiden Protagonisten nicht so leicht zu klären ist.
Trotz des ruhigen Erzählstils mit seinem Verzicht auf Gewaltdarstellungen und dem Fokus auf den komplex ausgearbeiteten Charakteren der Protagonisten samt der daraus resultierenden psychologischen Spannung entwickelt der intelligent konstruierte Kriminalroman einen gewissen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Die japanischen Namen mögen für den europäischen Leser ungewohnt sein, allerdings sind nur wenige Figuren von so großer Bedeutung für den Verlauf der Handlung, dass man deren Namen gut memorieren und zuordnen kann.

Fazit
Ein raffiniert angelegter psychologisch ausgerichteter Kriminalroman, der sich weniger mit der Frage nach der Identität des Täters als vielmehr mit dessen Tatmotiv beschäftigt. Lesenswert für Freunde ruhiger Krimis mit gehobenem Qualitätsanspruch!