Filmreifer Pageturner

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lunamonique Avatar

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Für „Interview mit einem Mörder“ erhielt Bernhard Aichner 2017 den Friedrich-Glauser-Preis für den besten Roman. Seine Bücher „Totenfrau“ und „Max Broll“ werden verfilmt. In „Bösland“ stellt sich Ben seiner Vergangenheit.

Im Sommer 1987 wird Bens neue Mitschülerin Mathilda auf dem Dachboden seines Elternhauses ermordet. Der 13jährige Ben wird in die Psychiatrie eingewiesen. Bens Schweigen hält so lange an, bis Psychiaterin Therese Vanek sein Vertrauen gewinnt. Dreißig Jahre später ist Ben endlich bereit, sich mit dem Grauen zu konfrontieren.

Der Einstieg ist verstörend. Bens Schicksal berührt. Das Thema „Gewalt“ steht im Fokus des Thrillers. Eine verlorene Kindheit, ein schutzloser Junge und ein Ereignis, das alles verändert. Was ist damals geschehen? Die Frage zieht sich durch die Geschichte. Eine Psychiaterin wird zum Rettungsanker. Kurze Kapitel ermöglichen einen guten Lesefluss. Dialoge nehmen viel Raum ein. Anfangs geht es nur um die Auseinandersetzung mit einer Tat, darum Verschüttetes wieder an die Oberfläche zu bekommen und Antworten für das Unerklärliche zu finden. In therapeutischen Sitzungen wird sich der Vergangenheit angenähert. Bens Barrikaden fallen, durch einen harmlosen Auslöser. Hat der Autor zu viel Auflösung eingestreut? Der Eindruck entsteht, bis sich die Geschichte unerwartet zu einem Psychothriller entwickelt. Tempo und Spannung nehmen zu. Die Raffinesse des Plots wird deutlich. Niemand ist mehr in Sicherheit. Intrigen, Manipulation, Schachzüge, alles eskaliert an einem ungewöhnlichen Ort. Nicht jede Handlung der Hauptfigur ist nachvollziehbar. Vergeltung und Wahrheit. Die Dramatik nimmt stetig zu. Wut, Zorn, Liebe und Hoffnung, nichts ist mehr vorhersehbar. Eine überraschende Wendung folgt der anderen. Eskalationen schockieren. Eine Achterbahnfahrt, die auf einen Showdown zusteuert. Das tödliche Spiel kennt kein Ende. Autor Bernhard Aichner setzt immer noch einen drauf. Grenzen werden überschritten. Wer ist wozu fähig? Wer greift ein? Bis zum Schluss bleibt alles offen. Das Ende ist gelungen, rundet die Geschichte bis ins Letzte zufriedenstellend ab. Packend, bedrohlich, filmreif.

Titel und Autorenname ziehen alle Blicke aufs Buch. Gelungen ist auch das Farbzusammenspiel. Mit wenigen Mitteln wird Aufmerksamkeit erregt. „Bösland“ startet mit einem rätselhaften Fall und nimmt urplötzlich immer mehr Fahrt auf. Bald jagt eine effektvolle Dramatik die nächste. Ein Pageturner, der alle Erwartungen toppt. Der Gruselfaktor, das Unglaubliche klingt noch nach. Alles wirkt sehr real. Das Wort „Bösland“ lässt sich nicht so schnell wieder vergessen.