Bedächtiger Krimi mit viel Lokalkolorit...

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parden Avatar

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Kommissar Dupin ist eigentlich ein waschechter Pariser, doch wurde er vor drei Jahren wegen despektierlichen Verhaltens gegenüber der Obrigkeit in die tiefste Provinz versetzt. In den kleinen Küstenorten der Bretagne geschieht meist nichts Aufregenderes als das Wetter, doch nun gerät im Hochsommer kurz vor Beginn der Saison alles in Aufregung.
Im pittoresken Künstlerdorf Pont Avent wird der 91-jährige Inhaber des Hotel Central erstochen. Das Hotel hat seinerzeit schon Berühmtheiten wie Gauguin und andere große Künstler beherbergt, doch in der heutigen Zeit kommen v.a. zahlungskräftige Touristen. Ein Motiv für den Mord scheint nicht erkennbar, und die ersten Ermittlungen bringen keine neuen Erkenntnisse. Erst als eine zweite Leiche an der bretonischen Küste auftaucht, wird Dupin allmählich die Dimension des Falles deutlich...

Dies ist der erste Fall für Kommissar Dupin, der durchaus eigenwillige Ermittlungsmethoden hat. Eigentlich spricht er am liebsten allerhöchstens mit seiner Sekretärin Nolwenn und gibt seinen Inspektoren reglemäßig Anweisungen, vermeidet jedoch nach Mölgichkeit jeden dienstlichen Anruf, tauscht sich kaum einmal mit seinen Kollegen aus und lässt auch seinen Vorgesetzten so lange wie möglich im Ungewissen. Immer wieder zieht Dupin sich zwischendurch zurück, um entweder einen "café" zu trinken oder aber um einen seiner zahlreichen Spaziergänge in der bretonischen Natur zu unternehmen. Wenn er alleine ist, kommen ihm die besten Gedanken, so meint er - doch gerät er dadurch schon sehr zu einem exzentrischen, eigenbrötlerischen Ermittler, was in diesem Ausmaß wenig glaubwürdig ist.
Allerdings hat Dupin es zugegebenermaßen auch nicht einfach. Die Dorfbewohner erweisen sich als bretonische Sturköpfe und schweigen verbissen. Die Öffentlichkeit macht zunehmend Druck, doch gelingt es Dupin erst nach und nach, hinter die Kulissen zu blicken. Selbst gegen Ende der Ermittlungen trifft Dupin die Erkenntnis: "In diesem Fall war nichts wie es schien, das war die Regel. Und alles war zäh." (S. 233)

Auch wenn sich die Ermittlungen recht langwierig gestalteten, hat mich das ruhige Tempo nicht gestört. Eingebettet in wundervolle Landschaftsschilderungen und eine detailreiche Beschreibung des ortsansässigen Menschenschlags, war es wie ein Urlaubskrimi. Typische Bilder der Bretagne waren die ganze Zeit über vor Augen, der Geruch von Algen und Meer und eine warme Sommerbrise.
Anstrengend war dagegen v.a. im ersten Teil die Vielzahl der Namen und Personen, die da auf einen einprasselten. Ich bin schließlich dazu übergegangen, mir eine Namensliste zu erstellen, um überhaupt noch durchzublicken - was ich für die Lektüre eines leichten Sommerkrimis doch etwas viel Aufwand fand. Die Auflösung schließlich war überraschend, aber auch hier war die Spannung "erträglich".

Insgesamt ein bedächtiger Krimi mit viel Lokalkolorit und herrlichen Einblicken in Landschaft und Menschenschlag der Bretagne.
Macht Lust auf Urlaub, und den Folgekrimi würde ich auch gerne lesen...