Klassischer Krimi an meinem Sehnsuchtsort

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sendorra Avatar

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In Pont Avent – der bretonischen Hochburg für kunstinteressierte Urlauber – geschieht ein Mord. Der betagte Hotelier und Kunstmäzen Pierre-Louis Pennec – erstochen! Kommissar Dupin soll den Fall klären. Der vor drei Jahren aus Paris (wegen Dreistigkeiten gegenüber Prominenz und Vorgesetzten) strafversetzte Polizist entlarvt dabei langgehegte Geheimnisse, enthüllt verzwickte Familientragödien und nimmt zahlreiche Verdächtige ins Visier.

Was mir sehr gefiel: Kommissar Dupin ist erfrischend problemfrei. Er hat kein Alkohol- oder Drogenproblem, keine geifernde Ex, keinen Vaterkomplex, kein irgendwie geartetes Trauma oder sonst ein Handicap. Er ist lediglich ein wenig zu ehrlich, vielleicht verbal etwas unbeherrscht.
Ruhige Knobelgeschichte mit Reiseführer-Charme

Die sehr klassisch aufgebaute und ruhig erzählte Kriminalgeschichte steht ganz in der Tradition von Miss Marple, Hercule Poirot, Columbo oder Jessica Fletcher (Mord ist ihr Hobby). Dupin befragt die Zeugen und Verdächtigen größtenteils im Alleingang. Er denkt viel und redet wenig. So ziehen sich seine Gedankengänge und Überlegungen über die Seiten. Gedanken zu dem Fall, Gedanken zu seiner Vergangenheit, Gedanken zu seinen bretonischen Lieblingsplätzen. Wer dies nicht so gerne liest wie ich, nicht so ein leidenschaftlicher Liebhaber der Gegend ist, der könnte granteln, dass das doch etwas langatmig sei. Doch ich fühlte mich großartig unterhalten.

Dupins ersten Fall lege ich Fans klassisch-ruhiger Knobelgeschichten ans Herz. Freunden schnell erzählter, Aktion reicher oder blutiger Krimis rate ich dagegen eher ab. Ich selbst habe mich in den Protagonisten, in seine Liebe für die Bretagne, die Bretonen, das bretonische Essen und in seine Plaudergedanken verguckt und werde den Folgebänden auf jeden Fall eine Chance geben. Denn Jean-Luc Bannalec (aka Jörg Bong – ehemaliger Geschäftsführer der S. Fischer Verlage) bringt seit dem ersten Band jedes Jahr einen neuen Fall mit dem bretonischen Pariser heraus. Der achte Band Bretonisches Vermächtnis erschien gerade vor ein paar Tagen (25. Juni 2019). ;-)