Viel Atmosphäre – wenig Action

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amena25 Avatar

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Kommissar Georges Dupin ist vor fast drei Jahren von Paris nach Concarneau strafversetzt worden. Für einen echten Pariser ist das fast die Höchststrafe. Dupin hat sich aber inzwischen an die raue Bretagne gewöhnt und sie sogar lieb gewonnen.
Der 91-jährige Hotelinhaber Pierre-Louis Pennec wird erstochen aufgefunden. In seinem Hotel im pittoresken Pont Aven gingen früher Künstler wie Gauguin aus und ein und so mancher hat wohl seine Zeche mangels Geld mit einem Bild oder einer Skizze bezahlt. Auch in diesem Fall deutet schon bald etwas darauf hin, dass sich unter den billigen Kopien, mit denen die Wände des Restaurants behängt sind, vielleicht doch ein Original befunden hat.
Allerdings liegt der Reiz des Buches weniger in den kriminalistischen Verwicklungen, die zwar zunächst etwas verzwickt aussehen aufgrund der vielen beteiligten Personen, insgesamt aber nicht sehr spannend in Szene gesetzt werden. Was das Buch interessant macht, ist einmal der Kommissar selbst. Mürrisch, ungeduldig, stellenweise schon unverschämt begegnet er nicht nur seinen Mitarbeitern oder Vorgesetzten, sondern auch den Verdächtigen oder Zeugen. Überhaupt kann er viele Menschen nicht ausstehen und gibt sich auch wenig Mühe, das zu verbergen. Das macht ihn trotz aller Unbeherrschtheit schon wieder sympathisch.
Allerdings behandelt er auch seine Mitarbeiter wenig freundlich, plötzliche Einfälle bestimmen sein Vorgehen, in das er sie auch selten einweiht. So ermittelt er hauptsächlich auf eigene Faust, ausgestattet mit einem Notizbuch und seinem Handy, das er rege nutzt. Außer Nolwenn, der Sekretärin, die ihm auch „Nachhilfe“ in allen bretonischen Belangen gibt, bräuchte er eigentlich keinen Mitarbeiter. Dies ist auch eine der Schwächen des Krimis. Dupin ermittelt, recherchiert, telefoniert, gibt Anweisungen. Aber in seine Gedankengänge wird der Leser auch nicht einbezogen.
Die Stärke des Buches liegt eher in der atmosphärischen Schilderung der französischen – oder besser – bretonischen Lebensart und vor Allem den grandiosen Landschaftsschilderungen. Wer das mag, wird Dupin gerne auf seinen verschlungenen Wegen in der Bretagne folgen. Wer harte Krimi-Kost mit Action und Psychothriller bevorzugt, wird sich eher langweilen.