Viel idyllische Bretagne – wenig Krimi …

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
herbstrose Avatar

Von

Seit Kommissar Georges Dupin vor beinahe drei Jahren von Paris in die Bretagne strafversetzt wurde, ist es ihm zur lieben Gewohnheit geworden, sein Frühstück in der Bar des Admiral in Concarneau einzunehmen. Heute wird er dabei durch einen Anruf gestört - im Nachbarort Pont Aven wurde der 91jährige Besitzer des Hotel Central, Pierre-Louis Pennec, brutal erstochen in seinem Hotel aufgefunden. Zusammen mit seinen Mitarbeitern Kadeg und Riwal nimmt Dupin die Ermittlungen auf. Wer konnte den natürlichen Tod des alten, bereits schwer kranken Mannes nicht erwarten, und warum? Verdächtige gibt es zuhauf: Pierre-Louis’ Sohn Loic Pennec und dessen Frau Catherine, der Halbbruder des Ermordeten André Pennec, die Leiterin des Hotels Francine Lajoux, der Besitzer des örtlichen Kunstmuseums Frédéric Beauvois oder gar Monsieur Charles Sauré, der Leiter des Musée d’Orsay. Sie alle konnten erhoffen im Testament bedacht zu sein, das, wie Dupin herausfindet, der Ermordete am kommenden Tag bei seiner Notarin ändern wollte.

Während die Ermittlungen gerade anlaufen wird in der Bar des Hotels ein Fenster eingeschlagen. Die Wände in diesem Raum sind mit zahllosen Kopien von Werken bekannter Maler, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Bretagne gelebt hatten, verziert – doch offensichtlich wurde nichts gestohlen und nichts verändert. Warum also der Einbruch? Dupin muss nachdenken, und das kann er am besten bei einem langen Spaziergang zu den malerischen Klippen am Meer. Dort wird am nächsten Tag eine weitere Leiche gefunden …

Jean-Luc Bannalec ist ein Pseudonym des Autors, der in Deutschland und in der Bretagne im Finistère zu Hause ist. „Bretonische Verhältnisse“ ist der erste Band einer Serie um Kommissar Dupin, deren Bücher in zahlreiche Sprachen übersetzt und für das Fernsehen verfilmt wurden. Der siebte Band „Bretonische Geheimnisse“ wird am 26. Juni 2018 beim Verlag Kiepenheuer & Witsch erscheinen. Für seine Verdienste um die Region Bretagne erhielt der Autor 2016 die Auszeichnung »Mécène de Bretagne« verliehen.

Der Protagonist Kommissar Georges Dupin hat das Zeug zur Kultfigur. Zunächst erscheint er kauzig, grantig und misslaunig, doch je näher man ihn kennenlernt, desto sympathischer wird er. Er braucht zum Denken Kaffee, viel Kaffee, und lange Spaziergänge an frischer Luft. Er liebt das gute Essen und die Spezialitäten der Bretagne. Sehr gerne arbeitet er alleine und hasst es, wenn er beim Denken gestört wird. Gerne vergisst er, gewollt oder ungewollt, seine Kollegen über den Fortgang der Ermittlungen zu informieren. Seine Fälle löst er mehr intuitiv als durch sachlich fundierte Polizeiarbeit.

Dupin dominiert in diesem Krimi, die anderen Personen sind mehr oder weniger nur Staffage in einer ansonsten wenig spannenden Geschichte. Man hat den Eindruck, dem Autor ginge es hauptsächlich darum, die Bretagne in Szene zu setzen - und dies ist ihm außerordentlich gut gelungen. So gut, dass man als Leser liebend gerne sofort die Koffer packen möchte, um diese schöne Gegend kennen zu lernen, das Essen zu genießen, im Meer zu baden, die Museen zu besuchen und Land und Leute zu treffen. Sehr erfreulich war für mich, dass der Krimi ohne blutiges Gemetzel auskommt. Es gibt zwar zwei Leichen, aber der Autor erspart uns eine detaillierte Beschreibung ihres Zustandes und überlässt dies unserer Phantasie.

Fazit: Eine Liebeserklärung an eine Landschaft, verpackt in einen erfreulich unblutigen Krimi mit einem interessanten Fall, der hauptsächlich von der Persönlichkeit des Kommissar Dupin lebt. Das Buch macht Hoffnung auf eine Steigerung in seinem 2.Fall.