Im Genre nichts Neues

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laberlili Avatar

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Ich gebe zu, dass ich nach der Lektüre der Leseprobe, welche mich ungemein neugierig auf den Auftakt dieser Serie rund um Jefferson Winter gemacht hatte, doch deutlich mehr von "Broken Dolls - Er tötet ihre Seelen" erwartet habe als der Roman, den ich persönlich eher im Krimi- als im Thrillergenre angesiedelt sehe, mir nun tatsächlich offerierte. Zwar habe ich auch dieses Buch innerhalb eines halben Tages durchgelesen, aber es war nicht so, dass ich den Inhalt derart spannend gefunden, mich die Geschichte dermaßen gefesselt hätte als dass ich unmöglich von "Broken Dolls" ablassen konnte. Nein, es war eher mein ziemlich standardisiertes Lesen und auch "Broken Dolls - Er tötet ihre Seelen" entspricht für mich einem Standardwerk unter seinen Genre-Kollegen. Solide Hausmannkost eben; einfach und lecker, aber eben doch auch nichts Besonderes.

Ich hatte mir Jefferson Winter als einen so genialen Profiler vorgestellt, wie es Deavers' "Lincoln Rhyme" auch ist. Zusätzlich hatte ich mir ausgemalt, dass dieser Sohn eines Serienmörders, der mit sich hadert, unsicher ist, wie viel der destruktiven, sadistischen Wesensart seines Vaters auch in seiner Persönlichkeit steckt, leichte, in Richtung "Hannibal Lecter" zeigende Tendenzen aufweist: kompetent, genial, aber völlig unberechenbar.
Stattdessen empfand ich Jefferson Winter als derart glatt, dass ich gar nicht fähig war, seinen vergleichenden Gedanken zu folgen, in denen er seinen Vater und sich charakterlich miteinander in Verbindung zu bringen versuchte.
Aber da es sich hier um einen Serienauftakt handelt, hoffe ich, dass Jefferson Winter in den Folgebänden auch noch mehr Ecken und Kanten zeigt; hier empfand ich ihn noch als recht charakterlos. Allgemein fand ich die Figuren eher blass skizziert und mir fehlten besondere Identifikationsmerkmale.

Der Fall des gesuchten Seelentöters entspann sich meines Erachtens für einen Thriller zu wenig komplex, da hätte ich mir mehr Schlenker in der Spannungskurve gewünscht, die sich für mich ohnehin zu schwach ausgeprägt darstellte: Würde ich weniger lesen, würde ich weniger Thriller lesen, dann hätte mich die Geschichte stellenweise noch überraschen können, aber als Jefferson Winter gegenüber Scotland Yard seine "schockierende" Erkenntnis bzgl. der Täterschaft offenbarte, die im Scotland-Yard-Team eine überraschte Stille, gefolgt von "Sind Sie sicher?!" nach sich zog (näher werde ich die Szene nicht umschreiben, um nicht zu spoilern), war für mich eigentlich klar, worauf die gesamte Handlung hinauslaufen wird.
Meine Erwartungen diesbezüglich wurden zu 80% erfüllt, die restlichen 20% überraschten mich aber gar nicht weiter, da man dieses Fünftel auch schon aus zahlreichen anderen Büchern kennt.
Das Ende ähnelte dann auch dem eines absoluten Klassikers im Thriller-Bereich, der hier innerhalb der Geschichte sogar entsprechend erwähnt wird.
Somit erzählte "Broken Dolls" mir also absolut keine neue Geschichte, sondern eine, auf die ich mich ganz gemütlich einlassen konnte ohne dass mein Herz stark ins Klopfen geriet.

Eigentlich würde ich den Thriller als solches mit drei Sternen bewerten, vergebe aber doch vier, weil ich den Schreibstil, die Erzählweise, sehr angenehm fand und die Jefferson-Winter-Reihe doch auch interessiert weiterverfolgen möchte. Zumindest den zweiten Band werde ich ganz bestimmt noch lesen - und hoffen, dass der Fall dort etwas komplexer und die Gestaltung der Figuren etwas intensiver ist als es der Fall nun bei den "zerbrochenen Puppen" war.