Ist weniger mehr?

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„bucket list – Nur wer fällt, kann fliegen lernen“ von Georgia Clark ist ein in Klappbroschur im dtv (Bold) Verlag erschienener Roman. Das Cover ist mit den rosa Punkten auf rotem Hintergrund ein Hingucker – den Schriftzug findet man auf einem weißen T-Shirt, das an einem Kleiderbügel hängt. Eine tolle Wahl, denn Mode (wenn auch etwas exklusiver) ist ein wichtiger Lebensbereich der Protagonistin.

Worum geht es?
Lacey ist 25 und lässt sich im Rahmen einer Vorsorgeuntersucht auf die Genmutation BRCA1 testen. Nachdem ihre Mutter an Brustkrebs gestorben ist, möchte Lacey auf Nummer sicher gehen und geht regelmäßig zur Vorsorge und ist der Ansicht, dass das reichen muss. Umso geschockter ist sie, als sie erfährt, dass sie eine Mutation hat, die ihr Risiko an Brustkrebs zu erkranken, drastisch erhöht und ihr die Entfernung ihrer Brüste vorgeschlagen wird. Sie muss eine Entscheidung treffen – und schreibt mit ihrer besten Freundin eine „Bucket list“ mit Dingen, die Lacey mit ihren natürlichen Brüsten noch gerne erleben möchte. Von Aktshooting bis hin zu Sex mit einer Frau stehen jede Menge Dinge auf der Liste. Ob sie die wirklich alle umsetzen möchte? Und: wie soll sie sich schlussendlich entscheiden?

Meine Meinung
Obwohl ich selbst schon wesentlich älter bin, würde mich so eine Diagnose auch aus den Socken hauen. Sich vorsorglich einen Körperteil amputieren lassen, fühlt sich nicht richtig an. Auch, wenn die Wissenschaft dazu meint, dass es sich hierbei um die vernünftigste Option handelt – denn wenn ein Tumor auffindbar ist, kann es mitunter schon zu spät sein und man stirbt an einer zu zögerlich getroffenen Entscheidung. Als junge Frau, die noch kinderlos ist und den Vater ihrer Kinder noch nicht kennengelernt hat, ist diese Entscheidung nochmal schwerwiegender.
Lacey ist eine absolute Karrierefrau – und hat, in der Modebrache, natürlich eine tolle Figur. Wie sonst könnte sie in einem vielversprechenden Unternehmen arbeiten und nebenbei noch mit einer Freundin ein Startup hochziehen? Sie ist jung und lebenshungrig – und scheinbar das genaue Gegenteil ihrer älteren Schwester, zu der sie nach wie vor losen Kontakt pflegt.
Was schreibt man bloß auf so eine Bucketlist? Und wie trifft man die richtige Entscheidung, wenn sich beide Entscheidungen falsch anfühlen? Auf diesem Weg habe ich die junge Frau gerne begleitet. Durch das Abschweifen in die Arbeit und in sexuelle Abenteuer hatte ich das Gefühl, mich mit der Protagonistin gemeinsam vom Thema Brustkrebs zu entfernen. Um kurz darauf wieder vom Thema im Alltag eingeholt zu werden – sich damit erneut auseinanderzusetzen und wieder einen anderen Aspekt des Lebens in den Vordergrund zu ziehen.
Von mir aus hätte die emotionale Auseinandersetzung gerne einen größeren Stellenwert einnehmen dürfen, wobei ich auch nichts gegen Erotikszenen habe, wodurch sich jedoch die Zielgruppe der Leserinnen wieder ändert.
Wer also einen Herzschmerz Roman erwartet, wird von den vielen Sexszenen genervt sein und Tiefe vermissen. Ebenso gibt es viele Einblicke in die Modeszene und einen entsprechend lockereren Umgang mit dem eigenen Körper und Körperkontakt (Sex eingeschlossen) als in den meisten anderen Berufsgruppen.
Die Mutation wird gut in allen Facetten beleuchtet, im Mittelpunkt steht jedoch Lacey mit ihrer Geschichte und ihrer Vorstellung eines erfüllten Lebens.
Fazit: Mehr Erotik als erwartet, ein vielschichtiges Buch, das ich jedoch nicht locker nebenher lesen konnte, sondern beim Lesen konzentriert sein musste.