Bühlerhöhe

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Aaalso, richtig viel fällt mir normalerweise eher zu den Büchern ein, die mir nicht gefallen, von daher dürfte mir zu diesem Buch eigentlich fast gar nichts einfallen, denn ich fand es richtig gut. Endlich mal eine Agentengeschichte, bei der man nicht auf Seite 20 schon den roten Faden verloren hat und die sogar bis zum Ende ziemlich logisch klingt und die auch mal ohne Handys, Schnellfeuerwaffen und spaltbares Uran auskommt. Alles läuft eine Spur langsamer, eher so im Tempo der 50’er Jahre halt (vielleicht habe ich es deshalb kapiert) und ist trotzdem klasse gemacht. Eigentlich ist es gar keine richtige Agenten- oder Spionagestory, sondern ein Roman, der die Gesellschaft der frühen Nachkriegszeit beschreibt und das nicht im Sissi-Ton, sondern sehr realistisch mit ihren ganzen Hypotheken, die sie in den Jahren der NS-Zeit so angesammelt hat. Eine gebürtige Deutsche, die nach Israel ausgewandert ist, wird vom Mossad in den Schwarzwald geschickt (mit einem Agenten als „Ehemann“, den sie bis dahin noch nicht kennt), um Adenauer zu beschützen, dem man wegen der Wiedergutmachungsgesetze nach dem Leben trachtet. Der eigentliche Auftrag kommt am Anfang nicht so gut rüber, man hätte es konkreter darstellen können; das ist aber auch eines der wenigen Dinge, die ich hier kritisieren kann. Die Autorin wirbt ein Netz von Figuren, jede mit eigenem familiären und beruflichen Hintergrund, die in verschiedenen Beziehungen zueinander stehen. Da werden im Hintergrund Intrigen gesponnen und Fäden gezogen, es tun sich die verschiedensten Verdachtsmomente auf (und wieder zu), die verschiedensten (Kriegs-) Schicksale werden erzählt und das handwerklich vom Feinsten. Die Autorin weiß genau, wann ein Kapitel zu enden hat, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen und wann ein Thema wieder aufgenommen werden muss, damit der Leser den Faden nicht verliert. Von dieser Autorin werde ich sicher noch mehr lesen, vielleicht die Krimi-Serie um die Köchin Katharina Schweitzer, auch wenn Kochen eigentlich gar nicht mein Ding ist.