Vielschichtiger Roman im Nachkriegsdeutschland

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waldeule Avatar

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Ein rundum schönes und gelungenes Buch! Ein Roman, der vieles verbindet: ein Nobelhotel, Geheimagenten, einen Mord, israelitische sowie deutsche Geschichte und natürlich auch etwas Liebe. Und das alles perfekt in das Lebensgefühl der frühen 50er Jahre eingebettet.

Neben der eigentlichen Handlung, der Verhinderung eines geplanten Attentats auf Adenauer, wird hauptsächlich die Geschichte dreier Frauen erzählt, die sich dabei zufällig begegnen. Da ist zum einen Rosa, die jüdische Agentin, die unfreiwillig in das Land ihrer Kindheit reist; da gibt es die strenge Hausdame der Bühlerhöhe Sophie Reisacher und auch noch Agnes, ein junges Mädchen aus der näheren Umgebung, die ihre eigenen Erfahrungen mit den Reichen und Mächtigen machen muss.

Die Figuren werden dabei sehr behutsam eingeführt. Als Leser taucht man ein in ihr Leben. Insgesamt ist es ein eher ruhiges Buch, in dem es viel auf die einzelne Beobachtung ankommt. Ich fand die Langsamkeit, in der die Geschichte erzählt wird, als sehr wohltuend. Die Autorin lässt sich Zeit, schafft es aber trotzdem, die vielen Themen und Stränge gekonnt ineinander fließen zu lassen. Und zwischendurch wird es immer wieder auch richtig spannend!

Ich liebe solche Bücher, die das Leben nicht nur in einem Ausschnitt zeigen, sondern so komplex wie hier. Da fließt vieles ineinander, niemand ist schwarz oder weiß und keine Entscheidung ist einfach. Als Leser war ich durchaus gefordert, den Überblick zu behalten, trotzdem las sich der Roman sehr gut. Das lag auch an den übersichtlichen Kapiteln, bei denen immer eine Ortsangabe die Orientierung erleichtert.

Herausragend ist die Sprache, in der erzählt wird. Mit viel Liebe zum Detail erzählt, entsteht die Orte ganz automatisch im Kopf. Um die Vergangenheit wiederauferstehen zu lassen, werden sehr viele damals gebräuchliche Wörter ganz selbstverständlich verwendet. Dazu wird oft auch im Dialekt geschwätzt oder in Fremdsprachen gesprochen. Das meiste erschließt sich dabei aus dem Text. Mir hat es sprachlich sehr gefallen und gerade die Einbindung „alter“ Wörter und des Dialektes tragen viel zur Authentizität des Buches bei.

Noch etwas ist mir sehr positiv aufgefallen: die Autorin schreibt sehr ausgewogen über politische Ereignisse und Meinungen. Unterschiedliche Ansichten nicht nur im Nachkriegsdeutschland stehen hier nebeneinander, (das möchte ich besonders hervorheben) ohne sie zu werten.

Fazit:
Ein sehr lesenswertes Buch, das ich selbstverständlich mit fünf Sternen bewerte.