Aus der Welt gefallen

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brenda_wolf Avatar

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Der Polizist Kay Oleander wurde auf einer Demo, einem sogenannten Spaziergang, von einer Flasche im Gesicht getroffen und verlor sein linkes Auge. Er ist vom Dienst freigestellt, fragt sich wie es beruflich mit ihm weitergehen soll. Vom Streifendienst wird er sich verabschieden müssen, bleiben nur noch Schreibtisch und Innendienst. Oleander, ist aus der Welt gefallen, ist seelisch angeschlagen. Er versucht sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Doch das Denken macht ihn verrückt. „Erinnerungen hocken in meinem Kopf wie Clowns mit Schrifttafeln, auf denen stand: Jetzt lachen! Jetzt klatschen! Jetzt lachen!“ Er muss was unternehmen, stöbert in den Akten im Revier und findet heraus, dass die Kollegen eine ältere Frau namens Silvia Glaser und ihren Begleiter zu dem Vorfall vernommen haben. Ist es Zufall? Oleander findet sich auf einem Streifzug durch die Stadt vor ihrer Haustür wieder und es kommt zu einer ersten Begegnung.

Ist Silvia Glaser, genannt Via, die Frau, die sein Leben zerstört hat? Via sagt zu Oleander: „Sie sind verwirrt. Sie wissen nicht mehr, was wahr und was falsch ist. Sie wissen nicht mal mehr, wer sie selber sind.“ Sie kennt diesen Zustand. Auch ihr Leben wurde nach einem Unfall, angeblich verursacht durch einen Polizeiwagen, auf den Kopf gestellt. Sie geht seither am Stock, ist verbittert und hat sich ins rechtspopulistische Lager geflüchtet. Oleander erfährt, dass ein Anschlag geplant ist.

Via und Oleander geben einander Halt. Beide sind von ihren Heimatplaneten gekippt, das verbindet. Und doch fragt sich Oleander, ob er ihr glauben kann. War sie die Werferin? Wollte sie Rache an der Polizei für ihre verursachte Behinderung?

Wie in sämtlichen seiner Bücher begeistert mich Friedrich Anis Schreibstil auch in „Bullauge“. Der Titel erklärt sich in einem Satz von Silvia Glaser. Sie sagt zu ihm“ Ich schaue durch dich hindurch wie durch ein Bullauge und alles was ich seh, ist ein schwarzes Meer.“ Damit hat sie seinen Seelenzustand sehr gut beschrieben. Mir gefällt, die zum Teil poetische Sprache, z.B „Wozu mit alten Zweifeln gurgeln“, „Das Gedächtnis ist ein hinterfotziger Spieler.“ Die Zerrissenheit des Hauptprotagonisten kommt authentisch rüber. Überrascht hat mich eine Nebenfigur, der Nachbar Gustav. Auf den ersten Blick ein Kotzbrocken, ein Sch..kerl. Und doch schlägt ein Herz in seiner Brust.

Die rechte Szene macht mir Angst. Was bezwecken die Strippenzieher. Sie scharen benachteiligt fühlende Freiheitskämpfer, an eine weltumspannende Verschwörung Glaubende um sich, um ihre Interessen durchzusetzen.

Insgesamt ist das Buch eher düster. Der Roman ist weniger ein Krimi, als ein Psychogramm zweier verletzter Seelen. Das Ende hat mich schockiert, obwohl ich es fast ahnte. „Bullauge“ ist sicherlich nicht Anis bester Thriller, dennoch habe ich ihn gerne gelesen und ich freue mich schon auf weitere Bücher aus Anis Feder.