„Butter“ - Ein kulinarischer und literarischer Hochgenuss

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alina_liest07 Avatar

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Rika ist eine junge Journalistin in Tokio, die über ihre Recherchen mit der angeblichen, in Haft sitzenden, Serienmörderin Manako Kajii in Kontakt kommt. Kaji wird vorgeworfen, ältere, wohlhabende Männer erst mit ihren Kochkünsten verführt und dann umgebracht zu haben. Bei Rikas Versuch ein Exklusivinterview mit der Beschuldigten zu bekommen, wird sie auf eine kulinarische und genussvolle aber auch verwirrende Reise zu sich selbst geschickt.

Dieser Roman ist etwas ganz Besonderes. Vor allem die erste Hälfte ist voller ausführlicher Beschreibungen verschiedener Rezepte, Gerichten und kulinarischer Erlebnisse - es ist praktisch unmöglich keinen Appetit (auf die japanische Küche) zu bekommen. „Butter“ ist keine Plot getriebene oder rasante Lektüre, entwickelt es sich dennoch im Laufe immer mehr zu einer psychologischen und gesellschaftskritischen Erzählung. Die Autorin greift viele wichtige Themen wie Schönheitswahn, die (Un-)Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Einsamkeit in patriarchalisch geprägten Gesellschaften auf. So wird Rikas wird Entdeckung von guten Essen, aber auch ihre damit verbundene Gewichtszunahme, als Auflehnung gegen die unmöglichen Erwartungen und Standards, mit denen Frauen in Japan konfrontiert sind, erzählt.

Während Rikas Begegnungen mit Kajii zunächst im Fokus zu stehen scheint, sind es Rikas Beziehungen zu ihrer Freundin Reiko, ihrem Kollegen Shinoi oder ihrem Freund Makoto, die für mich das Herzstück bilden und sehr behutsam und einfühlsam erzählt werden.
Der Erzählstil ist zunächst ungewohnt, vor allem wenn man bisher wenig Berührung mit japanischer Literatur hatte - umso mehr lohnt es sich aber diesem Roman eine Chance zu geben. Kenntnisse über japanische Traditionen und Normen helfen sicherlich die ein oder andere Pointe besser zu verstehen - auch ich habe erst durch Recherche den „Tabubruch“ der letzten Szene verstanden.

Ich kann „Butter“ allen empfehlen, die Lust auf eine etwas andere Erzählung (abseits der europäischen oder nordamerikanischen Sichtweise) haben und vielleicht auch einen Startpunkt suchen um sich mehr mit diesem faszinierendem Land, seinen Strukturen aber auch seinem kulinarischen Genüssen zu beschäftigen.