Genuss und Gesellschaftskritik

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elena_liest Avatar

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Butter ist wie überbackener Käse: Sie macht einfach jedes Gericht besser. Das hat die Serienmörderin Manako Kajii schnell erkannt. Mit ihren buttrigen Speisen hat sie reihenweise ältere Männer in ihren Bann geschlagen - und am Ende umgebracht, so mutmaßt man zumindest. Die junge tokioer Journalistin Rika beginnt, im Fall Kajii zu recherchieren und wird als Einzige zu ihr vorgelassen. Manako Kajii hat aber eine Bedingung: Sie wird mit Rika ausschließlich über ihre Kochkünste sprechen. Schnell findet sich die Journalistin im Bann der Mordverdächtigen wieder und droht, sich in deren Fängen zu verlieren.

"Butter" von Asako Yuzuki, aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe, ist eine spannende Mischung aus kriminologischen Elementen, Gesellschaftskritik und vielen kulinarischen Genussmomenten, die mir beim Lesen dauerhaft das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Es geht viel um Essen, aber auch darum, mit welchen unmöglichen Erwartungen weiblich gelesene Personen in patriarchalen Gesellschaften permanent konfrontiert werden.

Rika entdeckt im Laufe des Romans ihren Appetit und ihre Leidenschaft für das Essen, was ihr Aussehen von einer zierlichen, androgynen Erscheinung in eine kurvige Form wandeln lässt. Die Lesenden erleben, wie das Umfeld der Journalistin auf ihre Figur vor allem mit Fatshaming reagiert - was mir ob der Parallelen zur Realität sehr nahe gegangen ist. Auch der Kampf ihrer besten Freundin mit der Kinderlosigkeit oder der Verlust der sehr gemochten Stelle einer Arbeitskollegin Rikas durch ihre Mutterschaft haben ein sehr lebensnahes Bild einer von patriarchalen Strukturen durchzogenen Gesellschaft wiedergegeben.

Die Kombination aus Rezeptschilderungen und gesellschaftskritischen Elementen hat mit den Recherchen von Rika zum Fall Kajii nochmals eine ganz besondere Facette bekommen - und dem Roman die nötige Dynamik und Dramatik gegeben. Letztlich konnte ich "Butter" zwischenzeitlich kaum noch beiseite legen. Ein Roman, der trotz all der schweren Themen sehr gut unterhält - nur sollte man ihn definitiv nicht hungrig lesen! Von mir gibt es eine Empfehlung.