Krimi, Kulinarik und Kultur

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brittabuchlingreport Avatar

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Der Aufbau Verlag hat heute einen neuen literarischen Leckerbissen auf den Buchmarkt gebracht: Butter – den ersten Roman von der Autorin Asako Yuzuki, der in Japan bereits ein Bestseller ist. Darin schildert Asako Yuzuki einen Krimifall, Kulinarisches und ganz viel japanische Kultur.

Die junge Journalistin Rika ist dabei einen spannenden Mordfall neu aufzurollen. Sie möchte für ihr Magazin die Serienmörderin Manako Kajii interviewen und in einem Artikel über die Frau, ihre Mordfälle und ihre Motivation schreiben. Doch Kajii ist stur, sie weist alle Presseanfragen ab. Nur über einen Trick findet Rika Zugang: Sie möchte mit ihr über ihre Rezepte sprechen. Denn Kajii schreibt einen Blog über Kulinarik, hat ihre männlichen, gutbetuchten Opfer mit Selbstgekochtem verführt.

Was folgt sind spannende Gespräche über Lebensmittel und Zutaten – allen voran der Geschmacksträger Butter! Rika ist nicht nur fasziniert von der Person Kajii, von ihrem Äußeren, von ihrem dominanten Auftreten, sondern auch von ihrem Blick auf das Leben und die Gesellschaft. Und so wird die junge Frau immer mehr in den Bann der mutmaßlichen Mörderin gezogen und wandelt auf ihren Spuren.

Kinder, Küche, Kirche bzw. Kulinarik, Krimi und Kultur bei Asako Yuzuki
Der eigentliche Fokus liegt aber, neben den zahlreichen lecker beschriebenen Gerichten, auf dem Blick in die japanische Gesellschaft und das immer noch sehr traditionelle Weltbild, das dort vorherrscht. Als Frau hat man immer noch still und leise zu sein, den Haushalt zu schmeißen und natürlich für das Essen auf dem Tisch zu sorgen. Eine Frau, die Karriere machen will, ist nicht gern gesehen und wird schnell in ihre Schranken gewiesen. Für die Familie muss der Wunsch nach eigener Entfaltung aufgegeben werden.

Und auch optisch müssen Frauen sich natürlich an die vorgegeben Bilder halten. Schlank und jung müssen sie aussehen. Wer ein paar Gramm zu viel auf die Waage bringt, wirkt nicht nur schnell unsexy, sondern quasi schon schmuddelig und als ob er die Kontrolle über sein Leben verloren hat. Das merkt man nicht nur am Bild, das von der Serienmörderin Kajii beschrieben wird: Die hat schließlich nicht nur Männer ermordet, sondern ist auch noch „fett“. Wie konnte ihr ein Mann überhaupt in die Falle gehen, bei solch einem Aussehen?

Aber auch als Rika durch ihre Recherche nach und nach zunimmt, bekommt sie immer mehr Kommentare aus dem Umfeld zu hören. Ihr Freund findet sie nicht mehr attraktiv, ihre beste Freundin Reiko kann sich auch kleine Spitzen hier und da nicht verkneifen. Denn leider halten auch wir Frauen in dieser Gesellschaft nicht immer zusammen und so wird auch das Thema Freundschaft in der heutigen Zeit unter die Lupe genommen.


Die Mörderin Kajii kompensiert ihr Aussehen mit fürsorglicher Femininität in der Küche und flüchtete sich darin, dass sie zumindest mit ihren Kochkünsten Männer für sich einnehmen und ein wenig begeistern kann. Sie hat gelernt, ein Leben ohne Rücksicht auf Verluste zu führen. Da sie mit ihrem Erscheinungsbild durch das traditionelle Raster fällt, hat sie beschlossen, sich das zu nehmen, was ihr gefällt und durchbricht damit zwar zahlreiche Gesetze, versteckt sich aber dennoch hinter dem Bild der häuslichen Frau, um doch etwas in die Normen zu passen.

Rika dagegen fängt nach und nach an ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Aber trotz der beißenden Kommentare durch ihr Umfeld und die Einflüsse durch Kajii, versucht sie, ihr eigenes Gleichgewicht und ihren eigenen Weg zu finden. Und mit der Zeit bemerken auch die Menschen um sie herum, dass die junge Frau viel glücklicher zu sein scheint, als zuvor.

Für mich war der Roman ein absoluter Genuss. Ich habe sowieso ein großes Faible für japanische Autoren, da sie so einen ganz anderen Stil haben. Und dieser Roman lässt einem nicht nur beim Lesen der zahlreichen, köstlichen Gerichte das Wasser im Mund zusammenlaufen , sondern macht auch Hunger auf mehr Lesestoff von Asako Yuzuki.

An manchen Stellen war es zwischendurch etwas schwieriger, der Handlung zu folgen. Vor allem den kurzfristigen Perspektivwechsel zwischendrin hätte es von meiner Seite aus nicht gebraucht. Aber das hat der Geschichte keinen Abbruch getan. Einen klassischen Krimi sollte man hier nicht erwarten, sondern eher eine Gesellschaftsstudie, bei der die Asako Yuzuki eine Lupe auf die Rolle der Frauen in Japan legt. Dabei sind die Themen, die die Autorin aufgreift, auch ein globales Problem: Schönheitswahn, Feminismus, Einsamkeit, Mobbing und das Patriachat.

Für mich war „Butter“ von Asako Yuzuki ein bisschen wie Han Kang meets Banana Yoshimoto. Wer also „Die Vegetarierin“ oder „Kitchen“ bereits kennt und liebt, sollte auch Butter genießen.