CAPTAIN FUTURE! zeitloser Klassiker im neuen Gewand – MangaCOMIC der Zukunft?

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Nach wie vor weiß Captain Future einfach vollends zu begeistern, ja er hat nichts von seiner enorm soghaften Bannkraft verloren – auch wenn diese SciFi-Klassiker-Reihe des amerikanischen Autors und Miterfinders des Space Opera Genres Edmond Hamilton (1904-1977) bereits zwischen den 1940ern bis ‘44 erschaffen und publiziert wurde. Dies zeigte nicht weniger, viel mehr um so mehr! auch die seit 2012 (im Maritim-Verlag/Sebastian Pobot) heraus-gebrachte, überragende Hörbuchspielreihe (bisher 6 Staffeln), inszeniert nach E. Hamiltons Original-Cpt.Future-Geschichten - inkl. Original-Synchron-sprechern und Christian Bruhns legendären futuristischen Soundtrack aus der kultigen TV-Anime-Serie.

1978 übertrugen das Kreativteam der japanischen Tōei Dōga (heute Tōei Animation)-Schmiede Edmond Hamiltons fantastischen Geschichten um den „Zauberer der Wissenschaften“ in die Moderne-der-bis-frühen-80er-Jahre. Damalig wurden 13 (von insgesamt 20) Captain Future Pulp-Romane, bestehend aus jeweils 4 (ca. 30minütigen) Folgen, plus einem Special, als Zeichentrickfilm-Serie für das Abendprogramm (und damit ältere Publikum) erschaffen.

Der imponierende CAPTAIN FUTURE macht sich in der COMET, seinem Überlichtraumschiff, auf den Weg, um ohne Unterlass die Galaxie vor machtbessenen Usupatoren, korrupten Verbrechern und Bedrohern der Freiheit zu schützen, setzt sich unaufhaltsam für Gerechtigkeit und Frieden ein.
Dabei wird der in Biologie, Chemie, Geologie, Astrophysik und körperlicher Fitness bestausgebildeste Curtis Newton auf diesen seinen spektakulären Abenteuern in die Weiten des Weltraums begleitet von seiner beeindruckenden Mannschaft: Professor Simon Wright (das lebende, menschliche Gehirn in einem fliegenden Serumbehälter), der bionische Androide Otto, (der m.u. fähig ist, gummi-knetartig in die verschiedensten Charaktere zu switchen), und, der ungeheure starke u. technisch-versierte Roboter Grag, samt putzigen Bord-Haustieren Yiek & Oak.
Nicht zu vergessen stehen der CF-Crew auch die dynamische Weltraumpolizistin & Spezialagentin Joan Landor sowie der Leiter der Planetenpolizei & Marshall Ezella Garnie beiseite, nebst Waisenjunge Ken Scott.

Statt allerdings alle 52 ungekürzten Folgen, der Reihe nach, auszustrahlen (wie etwa in Japan, Frankreich usw.), schnitt nur Deutschland (ZDF), hinsichtlich einem Kinderprogrammkonzept, freizügig, teils rüde auf 3-Teiler runter, und strahlte damit nur insg. 40 Episoden aus, noch dazu nicht immer folgerichtig, und, verständnislückenhaft.
So z.B. fielen auch Szenen aus Captain Futures Kindheit der Schere zum Opfer, ein Verlust, auch wenn sich Curtis‘ Vergangenheit von der im Roman erzählten schon recht unterscheidet.

Nach der nun vor 45 Jahren im deutschen Fernsehen gezeigten japanischen SciFi-Anime-Serie folgt nun eine Umsetzung dieser Vorlage in die mangamäßige Comic/ Graphic Novel-form, die mit dem von 1980 bis ‘83 im Bastei Lübbe Verlag erschienen Comicstrip für Kinder (80 Hefte, je um die 30 Seiten, und Ableger) mitnichten vergleichbar ist.

Bereits letztes Jahr in französischer Sprache auf dem Markt (Capitaine Flam - L'Empereur Éternel), kann jetzt endlich, Carlsen Comics macht es möglich!, seit 25.Februar 2025, auch auf Deutsch Captain Future in dieser erstmaligen Comic/Manga-Transformation bestaunt werden.
Auf 167 Seiten in gebundener Ausgabe mit dem Titel „Der ewige Herrscher“ liegt keine ‚komplett neue, weitere‘ Erzählung um Megara vor, einem fiktiven Planeten im Sternbild Schwan, sondern, ein Wiedersehen in neuer Version (oder dem Versuch einer Neu-interpretation), visuell wie erzählerisch, der bekannten japanischen Zeichentrickvorlage -- und zwar: DER HERRSCHER VON MEGARA, [in der jap.Serie mit dem Titel: „Der schreckliche Weltraumherrscher/Der Schrecken des Weltraumherrschers“ übersetzt], welchem ursprüngl. Edmond Hamiltons erster CF-Roman Der Sternenkaiser (Captain Future and the Space Emperor) zugrunde lag, und dem mit dem gleichnamigen Übertitel „Der Sternenkaiser“ als inszeniertes Hörbuch (3.Staffel, 5 Folgen) gelauscht werden kann.

Der Plot: Auf einem Planeten kommt es zu einer seuchenartigen Verbreitung einer ominösen Krankheit, bei der immer mehr und nur Erdlinge sich in primitive Bestien verwandeln. Der mysteriöse Herrscher von Megara soll damit im Zusammenhang stehen, eine vernichtende Revolte droht – Captain Future & seine Crew werden zu Hilfe gerufen. Wird es ihnen gelingen rechtzeitig ein Heilmittel zu finden und das Komplott aufzudecken?

Ob es den Franzosen Alexis Tallone (Illustrator) und Sylvain Runberg (Autor) gelungen ist, mit ihrer Version eines Retellings und Übertragung in das Comic/Manga/Graphic Novel-Universum dem Erbe gerecht zu werden?

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Im ersten Eindruck zum Buch, von dem ein starker Farbdruckduft ausdünstet, ist es etwas betrübend, dass hier nicht mit vollstem Verve an einer Top-Ausstattung gepowert wurde: keine Glitzerelemente, 3D-Effekte, Folien, reliefartige Erhebungen, … Buchdeckel sind innen schnöde schwarz, auch weiße blanke Seiten ungenützt, die mit vielen Extras gespickt werden hätten können (etwa: Sternenkarten, Charaktere-Übersicht, Edmond Hamilton Biographie-Abriss, Tōei-Studios…. ), ganz zu schweigen von einer prachtvollen Schnittgestaltung - wohl unüblich im Comicgenre, aber, warum nicht mal neue Standards setzen. (Überhaupt: gerade in Hinsicht heutiger Papierknappheit sollte wirklich jede Seite voll ausgekostet werden.)
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Einschneidende Abänderungen der jap.Figurenzeichnung, teilweise sogar in die Charaktere, die enttäuschten:

Captain Futures Physiognomie ist zwar gut eingefangen, sein ernster, konzentrierter Ausdruck, auch der Raumanzug (wie schon Ezellas Montur) prima beibehalten (bis auf die nicht ganz so gute Ausprägung des Gürtels insb. Future-Schnalle, sowie fehlende Details der signifikanten ‚Armbanduhr‘) - ALLERDINGS, am anschaulichsten gleich direkt auf dem Buch-Cover zu ersehen ((man lege nur mal als Vergleich die Blu-ray-Hülle der Originalfassung -OMU- daneben)), ist CF, (sein Gesicht), als ein 16jähriger Jungspund!! gezeichnet ((weil: seine Augen, mit diesen besonderen Lichtpunkten, sind hier zu klein, Brauen wie Lippen zu schmal)) – warum man sich nicht einfach an das markantere, erwachsenere Original halten konnte, ist es doch das A und O den Helden so getreu zu lassen wie möglich! Immerhin ist dies ja auch nicht etwa der allererste abenteuerliche Einsatz - Curtis Newton hat bereits so einige Kämpfe miterlebt und Herausforderungen hinter sich, da er sich bereits seit seiner Volljährigkeit im Gedenken & Vermächtnis seiner ermordeten Eltern m.u. in den Dienst der Verbrechensbekämpfung stellte.
Nun auf teeniemäßige Verjüngung zu setzen gefällt mir überhaupt nicht (nur selten wirkt Curtis im Verlauf des Comics älter) – oder… mag es sogar beabsichtigt sein? das Konzept dahinter stecken, den Helden, ganz in der Tradition von z.Bsp. Hal Fosters Prinz Eisenherz, Comic-Ausgabe für Comic-Ausgabe, sachte mitaltern zu lassen? Aber dann auch im (zugegebenermaßen schon recht schmunzligem!) „sportlichen“ Abspann ist wieder einfach ein viel zu junger Captain Future zu betrachten.

Überhaupt, was scheint der Illustrator Tallone, resp. sein ‚Co-Autor‘ Runberg, nur mit dem Alter für ein Problem zu haben? Denn selbst der altgediente Ezella Garnie, -- der Leiter/Kommandant der Planentenpolizei, neu: jetzt Colonel --, wirkt jünger! – TROTZ plötzlich gesprossenem Kinnvollbart, und einem piratenhaft-fehlenden Auge inkl. Narbenschnitt, samt zu breit auslaufenden Rodeo-/Cowboyhandschuhen (egal ob, --neu--, mit oder ohne ‚cooler‘ Sonnenbrille, die i.Ü. ohne technische Raffinessen). Sein Antlitz mag sogar an die Figur des Marshals Cobb Vanth (Timothy Olyphant) von The Mandalorian (Staffel II) angelehnt sein? (Somit Anspielung auf Star Wars, dessen Erfinder George Lucas mit seiner Liebe zu den Pulp-Magazinen als einer Inspirationsquelle die Japaner damals ja auf die zündende Idee gebracht hatte). Apropos: Zuckersüß der kleine Curtis im Schwebebaby-laufstall à la Grogu.


Absolut daneben: die Interpretation der Geheimagentin Joan Landor, nicht wiederzuerkennen einmal wegen dem so anderen Gesicht & Augen, jetzt mit schwunglos rigiden pony-glatten Haarcut und Sommersprossen - nur zuordenbar aufgrund HaarFarbe und Jumpsuit. Zum anderen: hier gibt es keine höfliche Zusammenarbeit (zw. JL & CF) wie im Original, sondern: Joan ist mutiert, ja, degeneriert zu einer zänkisch aggressiven selbstgefälligen kalten Zicke sondergleichen, die nicht nur seltsam zornig bei der Begrüßung auf Ezella Garnie reagiert ((siehe S.53, Warum ist Joan nicht gut zu sprechen auf Ezella?? genauso: was wollte Otto in dieser Szene anmerken???)), hässlich mit völlig haltlosen, vorgefertigten Meinungen sticht sie unvermittelt gleich mal um sich und v.a. auf den moralisch integeren Capt.Future. Genauso Joans Drängen, sofort härtere Verhörfoltermethoden zu ergreifen. Joan reagiert beim Miterleben einer Horror-Verwandlungsszene blümerant mit „Beeindruckend!“ (S.37) (statt etwa: „wie erschütternd“)…

Zudem muss sie mehrmals mit der Kraft der Wahrheit in ihre Schranken und zurecht gewiesen werden.
Im Gegensatz zu ihrer jap. Vorlage, gemäß einer (pro)aktiven, intelligenten wie beherzten Joan, verkommt sie hier zum überflüssigen (noch nicht mal schmückenden) Beiwerk, oft mit Fragezeichen-versehenden Luftblasen, bei deren Betrachtung einem selbst solchige aufploppen, weil jene unentschlüsselt im Raum verharren.

Das hat absolut nichts mit einem starken, taffen Charakter einer mutigen, selbstständigen Frau voller lieber Wärme, Dynamik, Eigensinn und dennoch Mitgefühl zu tun, die sich sehr wohl, in jeder Hinsicht!, auch zu wehren weiß und Paroli bieten kann ((man erinnere sich nur an ihre sensationellen Judogriffe z.B. zur Überwältigung eines atavierten Riesengorillas bei Einführung ihrer Charaktere in der japanischen Trickserie, später die Rettung des Fabrikchefs Bulvar nur durch ihr Eingreifen, o.ä.)), d.h.: in der schon für damalige Verhältnisse von den Japanern angestrebten Modernisierung hinsichtl. eines emanzipierteren Frauenbildes.

[Btw.: ihr fehlt eigtl. nur mehr dieses Dreieck als Applikation, als Gürtelschnalle S.25 hatte sies ja schon... die seltsame, auffällige Affinität zu dieser geometrischen Form taucht nämlich immer wieder auf im Comic (unterhalb rechtem Auge der Sekretärin Anne S.17, auf der Stirn des blauhäutigen Majordomus S.59, und der des Gefängnisdoktors S.102…).]

Alles das?!, nur zwecks eines Zwangs dann (auch noch) from-hater-to-lover-vibes einzuarbeiten – einfach nur ätzend Joans Haltung und Auftreten, nicht nachvollziehbar… so als ob vorangegangene Szenen herausradiert wurden – oder, hier die Comicleserschaft genötigt werden soll, erst mal innezuhalten, um eine Psychologie dahinter zu analysieren, was ja eigtl. der Job des Kreativteams sein sollte.
Erklärungsversuch: Wollten Runberg & Tallone auf Joan Landor die Rolle des Generals Halk Anderson, (dem Oberbefehlshaber der gesamten Planetaren Polizei,) überschreiben(?!?), bzw. die von ähnlich gesinnter Kritikaster, welche sich grundsätzlich gegen den Einsatz von CF stemmen, da jene dessen Vorgehensweise für zu leichtsinnig, eigenmächtig und zu unkonventionell aburteilen?
Möglicherweise könnte die ab September für den stolzen Preis von 59,-€ erwerbbare, um 16 Seiten erweiterte Sonderausgabe des Comics (limitierte Luxusausgabe mit Schutzumschlag) über solch merkwürdigen Beweggründe im Nachhinein doch noch Aufschluß gewähren….


Otto hat sich von einem rundlichen Körperbau zu einem kantigeren, definierteren Popeye-ähnelden Bodybuilder gestählt, auch hat Otto was von einem schlankeren The Thing (aus Fantastic Four) - positiv: er trägt jetzt seine Kapitänsschiffermütze mit dem Schirm nach vorne. Soweit okay.
Seine kleinen Pupillen jedoch… gibt es nicht mehr, stets nur weiße Augäpfel starren entgegen - das hat mir gar nicht gefallen, überhaupt irritiert es andauernd oder stört es irgendwie im „Lesefluss“. Auch dass Otto raucht ist dermaßen blöde, grenzdebil und einfach nur ärgerlich.
Beim Kneten von Ottos Gesicht (um in den Söldner Ottis zu metamorphosieren) machte es sich Tallone hier extrem leicht (kurze Rückenansicht) - wobei wiederum angesichts Joans Reaktion darauf, ihre Mimik im Comiclesenden wahrhaft Übelkeit erregen kann.


Zu den Haustieren: die Neu-modillierten scheinen eigtl. nichts mehr mit ihrer ursprünglichen Possierlichkeit gemein zu haben: beide sind (medi-medizin)ballgroß wie -förmige Geschöpfe, fast an die Tribbles (aus einer der populärsten Raumschiff Enterprise-Folgen) erinnernd; hat sich OAK, die waschbärgesichtige Schildkröte mit Chamäleon-Fähigkeiten‚ in eine Art dino-Gürteltier mit zahnspitzen besetztem Knochenpanzer verwandelt, so ist YIEK, das ehemals pinkfarbige metallsüchtige Schoßhündchen ((im Buch war der Mondwelpe als kleiner, grauer Bär beschrieben)) zu einem noch groteskeren, sehr gewöhnungsbedürftigen elfenohrigen Womble aufgeplustert. Auffällig (und m.E. nicht wirklich knuffig): auch hier, beide Tierlein haben keine Pupillen, nur weiße glotzende Augenfelder – gleich „kleinen Monstern“ im wahrsten Sinne des Wortes.

Grag ist vortrefflich adaptiert ((bis, vielleicht, auf die etwas zu dick-erscheinenden Armausläufe)), genauso Prof. Simon Wright ((ignorieren wir mal die Bezeichnung „Anti-G(ravitations)-modul ;-) , und, dass manchesmal, auf einigen Comicbildern, die Größe des Gehirns geschrumpft scheint)). Überhaupt sind sämtliche technischen Assimilationen von der Anime-Serie in die Graphic Novel (z.B. Cosmoliner, die COMET, Raumschiffe…), Visualisierungen des Übergangs in den Tarnmodus, des Wechsels des Herrschers von Megara von fester zu immateriellen Form… wunderbar übertragen.
Gleichzeitig wird damit aber auch bewußt, was da die Zeichner bei den Tōei Studios schon vorab ehedem aus hamilton‘schen Visionen Fantastisches so zeitlos gezaubert hatten, dass selbst das Brückendesign der Comet, die Steuerungskonsolen, quasi grad übernommen werden können und trotzdem alles weiterhin modern wirkt.

Weitere Neuerungen/Änderungen
Völlig neue Elemente sind: flächendeckender Einsatz von „Offensiveinheiten“, Aufklärungs/Abwehr/ Tech-Drohnen (Wermutstropfen: dass und wie sie von der Comet aus eingesetzt wurden, musste sich ab ihrem ersten Einsatz, S.69, selbst zusammengereimt werden), und, Nanodroiden (Wespe), respektive die völlig andere, viel aufwändigere Art der ‚Ansteckung mit dem Virus/Genmanipulation‘, oder evtl. auch nur bei ausgewählten Zielpersonen.


Ab und zu mangelte es an ‚Genauigkeit‘ nicht nur in der Ausführung mancher Zeichnung, evtl. unter Zeitdruck(?) - so z.B. fehlen Otto seine Beine (S.14), Elaine Newtons rechte Armreifen scheinen erst versteckt unter den Ärmeln gerutscht oder doch verloren (Sterbeszene), generell wirken einige Hintergründe zu schwammig, verschwommen, oberflächlich.
Ganz am Buch-Anfang, erstes Bild, sind die Planeten Erde und Mond nicht identifizierbar, auch nicht namentlich genannt noch betitelt. Da aber CF seine Basis auf dem Mond hat, wäre es für Newbies der Geschichte schon relevant.

Um wohl den Comic zu raffen wurden einige (Sub)plots herausgelassen (z,B. Das Aufeinandertreffen mit Ezella Garnie im ‚Saloon‘; CF + JL im Gefängnis-im-Flammenmeer bei Ausbruch der mutierten Insassen; Befreiung der entführten JL, Ottos Ritt auf den Tieren der Einheimischen... ...).
Auf die bunte Darstellung vieler diverser Geschöpfe, der dichten, multikulturellen Bevölkerung der Dschungel-City (auf Megara) wurde verzichtet.
Die einst spektakulären Einführungen der Charaktere Future (Sprung in Cashews Büro), Joan Landor (Judotechnik beim Ausschalten einer Affenmutation), Ezella Garnie (Cantina-Szene) wurden nicht übernommen, sondern ganz anders und v.a. beiläufig-blässlich inszeniert.



Der Wechsel der Schauplätze…….
Es fehlen doch hier und da kleine Ausführungen für einen geschmeidigeren Szenenwechsel, z.B. liegen, quasi wie aus dem Himmel herabgestürzte Altertums-Fragmente im Dschungel des Planeten Megara (S.69)(hier fehlt die aufklärende Auflösung, dass dies passierte, als aus der planetaren Oberfläche des Megarasterns herauskatapultiert nun ein unförmig felsiger Mondtrabant um Megara kreist, auf welchem deshalb selbst auch antike Überreste zu entdecken sind. Noch dazu kommt, dass dieser „dreieckige Felsbrocken“ zu einer Art schwebenden Festung (mit Innenräumen, Hangars usw.) ausgebaut ist. Somit wäre auch das Hin u. Her zwischen den beiden Schauplätzen (Planet Megara – sein Trabant, welcher hier stets namenlos persistiert) übersichtlicher.
Oder: Nicht gezeigt wurde das Anbringen an sich des „zweiten“ Molekularwandlers an CFs Gürtel (S.140), ((i.Ü. toll, die neue, interessante Idee eines ‚Gegen‘- Quantengürtels mit aufhebender, statts identischer Technologie)), und im Folgenden, das Auslösen (S.151) desselbigen, ging etwas zu arg unter und damit für einen Nichtkenner der Seriengeschichte womöglich nicht sofort plausibel. Hier einfach z.B. diese beiden entscheidenden Vorgänge in etwas größere extra-Fenster einblenden, würde eine Stockung im Erzählfluss aushebeln.
Oder: fehlender Übergang: eben noch in der City bei den Megarawesen, dann schon in Bulvars Fabrik (S.105).


Hervorragend, nahezu perfekt ist der Herrscher von Megara gelungen, sehr am Original (bis auf die Unterbelichtung des doch so wichtigen Gürtels), und neu: jetzt bewaffnet mit Samurai-Schwert.
Wie er es fertigbringt, die Megaraner den ewigen Herrscher für ihren Vorfahren aus uralter Zeit, und damit für den zurückgekehrten Urahn und obersten Anführer zu halten, er die Massen beherrscht, die ihn anbetend verehrt, begeisternd folgen… wurde in vortreffliche Szene gesetzt.

Überhaupt wurde die antike Urkultur des Megara hingebungsvoll illustriert, (die alien Petroglyphen wirken wie ein Mix aus Inka, Maya, Babylonier, Ägyptern, Wikinger-Zeiten) und nimmt sehr viel Platz ein.
Wie außerordentlich und bemerkenswert diese Hochkultur einst gewesen sein muss, bebildern detailreiche uralte Ruinen, hochragende Tempelbauten völlig klar.
Trotzdem bleibt diese „Ausführlichkeit“ dann dem interessierten Lesenden eine (End-)Erklärung schuldig, warum, wie es aus der einst so hochtechnologisierten, fortschrittlichste Technologien beherrschende Hochkultur zu einer Verschüttung kam - was nur letztlich im Buch selbst, falls es überhaupt noch aufzutreiben ist, bzw. mittels Hörbuch zufriedenstellend ausgeführt gefunden werden kann.

Die Megaraner selbst haben ihren amphibisch froschähnlichen Charakter hier verloren, so wurde nun mit spitzen herausstehenden Elbenohren, punkschnittiger Haartolle (und gr.Gebiss) kein „sumpfiges“ Ansinnen mehr erreicht, sondern gleitet ins Gnomhafte. Jedoch kommt das autochthone Geblüt gut hervor.
Wie bereits vormals, in der uncut-Version der Vorlage, angeschnitten, wurde hier nun ausgiebig die auf ihrer eigenen Heimatwelt mit Xenophobie Konfrontierten ausgebaut, sprich: in welchem Maße die als Primos beschimpften indigenen Megaraner unter der Herrschaft zu leiden haben, Ausgrenzung und Unterdrückung ausgeliefert sind.

Trotz dem Hinweis auf Gigantopithecus ((einer ausgestorbenen Gattung der Primaten aus der Familie der Menschenaffen)) und den damit erwarteten affenartigen Gorillariesen des japanischen Originals wirken nun die Retrogradierten hier, dem Aussehen nach, eher wie überdimensionale fantastische Mischwesen aus Werwolf & Vampir.

Die elbenohrige Moderatorin/SocialMedia-Leiterin/Boulevardpressereporterin (?? oder was auch immer sie darstellen soll) in der Einleitung wirkt ob ihrer prägnanten Hervorhebung deplaziert, oder absichtlich sensations-erheischend-nervig. Die beiden künstlichen Kreaturen Grag & Otto, Schöpfungen des Wissenschaftler-Ehepaars, wurden i.Ü. nie der Weltöffentlichkeit extra vorgestellt, bzw. dazu kam es gar nicht mehr - diese ‚galaktische Präsentation‘ im Comic-„Prolog“ ist also neu.


Weitere Umänderung / Neuerungen:
der Regierungssitz des Weltraums liegt zwar noch auf der Erde aber nicht mehr in NY, sondern in Tokyo - evtl. eine respektzollende Verneigung vor dem in Nakano ansässigen Filmstudio Tōei Animation?
Die berühmte Freiheitsstatue, [von der dort, auf der Odaiba-Insel, tatsächlich sogar eine Nachbildung aufgestellt ist,] wurde dementsprechend im Comic ersetzt durch eine erfundene, (genauso) große engelflüglige Frauenskulptur (S.17).
Somit ist auch nicht mehr New York sondern Tokio im 23. Jahrhundert die Hauptstadt des Sonnensystems. Der Präsident, der dort sein Büro hat, heißt James Cashew (in den Romanen und im japanischen Original James Carthew), tritt hier aber älter! in Erscheinung und mit indischen Wurzeln (Bindi, bzw. Tilaka auf der Stirn).


Action, Action, Action….

Der Manga wartet mit starken Actionanteilen auf, wobei auch die Fights gelungen lebhaft in Szene gesetzt wurden inkl. tollen Jū-Jutsu-griffen! Neu: Der Herrscher von Megara kämpft mit einem Samuraischwert. Auch der Showdown birst vor Spannung und ist auch an Dramatik und Emotionen packend gestaltet, wobei das Hin-u. Herpendeln zwischen zwei Schauplätzen zwecks flüssigerer kompakterer Übersicht besser von einander abgegrenzt hätte werden können (und wenn man nur einfach Ottos Szenenspiel farblich umrandet hätte).

Wie sehr das frz. Kreativduo talentiert ist, tiefschürende Emotionen entzünden zu können, beweist bereits die die Graphic Novel einleitende Rückschau, die herzzerreißende Trauerszenerie rund um den Anschlag auf die davon sterbenden Eltern, der bewegende Abschied, letzten Worte CFs Mama Elaines, der Verlustschock des Kleinkindes Curtis, gleichzeitig mit welch Einsatz und großer Behutsamkeit von Robo Grag beschützt werden will, Betroffenheit Ottos.
Und gen Ende was für ein TWIST, (von dem ich nicht so recht weiß, was ich davon halten soll,) lasst Euch überraschen, wer wirklich hinter der Maske des selbsternannten megaranischen Herrschers steckt - der Vizegouverneur Kells (wie in der Trickserie) ist es jedenfalls nicht! und auch nicht Keldor von Masters of the Universe… oder…doch?
(Was noch auffällig oder merkwürdig war: der eine Forscher/Ken Lester/ hatte Ähnlichkeit mit dem Bee Gees-Mitglied Maurice Gibb, oder, Beatle John Lennon?)

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Die Übersetzung ins Deutsche kann nicht immer überzeugen, z.B.: leider wurde Edmond Hamilton nie zum „Sir“ geadelt (s.Danksagung); auch steht sicherlich nicht Cashews Tochter (S.25) auf der Astroport-Plattform; ruhig hätte Joan Landors Rang mit „Agentin“ übersetzt werden können, anstatt sie durchweg mit dem engl. „agent“ anzusprechen… … (Einige Fachausdrücke sind ohne Fußnoten).
In der Plotbeschreibung zum Buch auf sämtlichen Bücher-Kaufplattformen ist von einem „Planet D9“ die Rede – mit keinem einzigen Wort kommt diese Bezeichnung im Comic selbst vor, noch nicht mal, wo genau, ob sich Megara überhaupt um 61-Cygni befindet.



*** F A Z I T : ***

Alles Technische, von Prof. Simon Wright über Grag hin zur Comet, der Weltraumkosmos, bzw. das World-Building, der Herrscher von Megara und die antike Urkultur sind beeindruckend gelungen, bis hin zu einem blutig düstrem atmosphärischen Touchhauch.
Fatal: Captain Future ist keineswegs ein 16jähriger Jungspund. Die ursprüngl. Originalzeichnung ist damit nicht befriedigend genug adaptiert.
Bitter schlägt auf, diese verkrampfte Bemühung, aus Curtis Newton & Joan Landor ein enemies-to-lovers-topic zu konstruieren, wofür das frz. Kreativ-Duo nicht nur das Aussehen der Spezialagentin änderte, sondern sie zur Vollzicke pervertierte.
Ein rauchender Otto mit solch seelenlosen Augäpfeln – daran ist sich schlecht (um-) zu gewöhnen.

Der GesamtStyle des Manga/GraphicNovel ist schon zukunftsträchtig; die eh schon von den Japanern angepasste und modernisierte Fassung wurde nun nochmal modifiziert und verändert; sehr viel wurde (unnötigerweise) ganz anders erzählt, – vllt. wäre deshalb der Griff zu einem, noch „unverfilmten“, Original-Roman, das Lesen des Buches, und damit ohne das Vorbild der japanischen Geschichte-Interpretation und eben deren Vorarbeit, für den ganz eigenen, ganz neuen Blick besser bzw. ratsamer gewesen -- aber hätte wohl einer zu großen Anstrengung bedurft?

Dennoch:
Epidemien, autokratische Despoten, Rassismus,.. imperiale Propaganda-Demagogen, die massenhaft Gehirne zu vernebeln wissen,.. Lügen und Fake-gerüste, katastrophale Naturgewalten, Verwandlung von Menschen in killende Monster….klingt alles ganz nach den aktuellsten Nachrichten, nicht?!… Dabei war es die visionäre hamilton‘sche Version der Zukunft, (die heute gut 10 Helden von dem Charakterschlag eines Captain Futures benötigte - und das mal nur eben für einen einzigen, unseren, Planeten).
Diesen Kern haben die beiden Franzosen Sylvain Runberg (Autor) und Alexis Tallone (Zeichner) trefflich wiedergeben können, in ihrer Neu-Interpretation einer alten, zeitlosen Geschichte. Chapeau.

3/5 Sternen