Dieses Buch wird die Leserschaft und Fangemeinde spalten

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diana pegasus Avatar

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Bill Kaulitz – Career Suicide

Für Bill Kaulitz hat die Corona-Pandemie auch etwas gutes, denn hier findet er die Zeit sich Gedanken über die letzten 30 Jahre zu machen und seine Biografie zu verfassen.
Im Vorfeld gab es keine Leseprobe zu dem Buch, und ich war neugierig, vor allem auf seine Karriere vom Sänger zum Designer.
Ich habe auch erwartet von seiner Kindheit, seiner Jugend und seiner Familie zu lesen.

Ich habe lange überlegt, was ich in dieser Rezension schreibe, denn ich glaube, dass dieses Buch polarisieren wird. Während die einen es lieben und feiern werden, werden die anderen wahrscheinlich die Offenheit verteufeln und dieses Buch hassen.
Ehrlich gesagt, ich kann mich nicht entscheiden zu welcher Kategorie ich gehöre, allerdings zweifel ich daran, dass sich der Autor mit diesem Buch einen Gefallen getan hat. Aber zumindest ist es schonungslos offen, provozierend und der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund. In manchen Dingen muss ich sagen „Leider.“

Der Erzählstil ist überwiegend temporeich, aber wirkt teilweise überheblich, flapsig und stellenweise vulgär/ordinär auf mich. Ich hatte das Gefühl mir die Geschichte direkt und ungefiltert vom Autor anzuhören. Im Buch wird der Leser oft direkt eingebunden und angesprochen.
Inhaltlich darf jeder selbst entscheiden, wie weit er zu gehen bereit ist, hier muss ich sagen, wäre es schön gewesen, weniger aus seiner Kindheit zu erfahren. Er stellt sich und seinen Zwillingsbruder als frech, verzogen, manipulierend und sehr frühreif da, ausgeschmückt mit nicht besonders schmeichelnden Worten. Ich kann die Liebe zu seiner Mutter und seinem Bruder herauslesen, finde aber unterirdisch, wie er seine Mitmenschen, Klassenkameraden, „Freunde“ arg angeht. Mag sein, dass es vielleicht anders gemeint ist, aber letztendlich habe ich leider nur wenige Sympathiepunkte sammeln können.

Wenn Bill Kaulitz gewollt hat, dass jemand hinter seine Fassade schaut, dann ist es ihm gelungen. Ob das jetzt positiv oder negativ ist, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. Ich persönlich habe keinen guten Eindruck vom Buch bekommen, habe aber seinen Mut zur Selbstverwirklichung geschätzt. Das hier Drogen, Alkohol und Rauchen bereits in frühen Kinder-/Jugendjahren normal zu sein scheint, ist unfein. Mag es auch schwer gewesen sein, was nachvollziehbar ist, bewundere ich, dass der Autor seinen Weg geht. Allerdings hat dieses Buch mich nicht überzeugen und mir den Designer näher bringen können. Ich finde es sehr schade, denn in TV Auftritten wirkt der Sänger/Designer deutlich sympathischer.

Ich weiß, es steckt vermutlich viel Herzblut in dieser Biografie, und Bill und seine Familie haben schwere Zeiten durchlebt, und doch denke ich, dass rechtfertigt nicht den Umgang mit den verschiedenen Weggefährten, die seinen Weg gekreuzt haben. Es sind schon harte Worte, wenn man lesen muss, dass man mit „jemanden“ befreundet war, nur weil die Schaukel im Garten so toll war, oder weil man im Besitz eines bestimmten Spielzeugs war oder wie er oder sie ein Sprungbrett für die Karriere war. Auch ein Teil von der Familie oder die Wegbegleiter seiner Karriere bekommen ihr Fett weg. Da hätte man sicher den Fokus anders legen können.

Manchmal ist weniger mehr. Manchmal ist Bescheidenheit eine Tugend. Und manchmal ist reden Silber und schweigen Gold.


Fazit: Dieses Buch wird die Leserschaft und Fangemeinde spalten. Polarisierend, provozierend und schonungslos offen. Es gleicht einer Abrechnung mit dem Leben. 2,5 Sterne.