Überraschende Perspektive der Ehefrauen
"Cinema Love" ist der Debutroman des Autors Jiaming Tang. Da die deutsche Ausgabe de Klett-Cotta-Verlags ungefähr 300 Seiten umfasst, hatte ich das Buch nach kurzer Zeit ausgelesen und grübele jetzt seit Stunden, wie ich das, was ich beim Lesen empfunden habe, am besten in Worte hülle.
Die Grundgeschichte ist schnell erzählt - und so beginnt auch die Handlung im Buch. Wir befinden uns in der Provinz Fuzhou/China und erleben, wie sich Männer in einem auf Kriegsfilme ausgelegten alten Kino mit anderen Männern treffen können, einer Umgebung, die sich zumindest im Ansatz nach einem safe space anfühlt. Old Second und Shun-Er lernen sich hier kennen und stellen schnell fest, dass mehr als der Wunsch nach körperlicher Nähe sie verbindet.
"Das Kino ist ein Ort, an dem eine bestimmte Art von Realität aussetzt" (S. 29)
Seltsamerweise trifft der Klappentext auf dem Einband exakt das, was das Buch im Inhalt ausmacht, dennoch hatte ich vor allem beim Lesen des zweiten und dritten Viertels oft das Gefühl, dass der Fokus des Buches allzu sehr auf die Ehefrauen der Männer und nicht auf die Männer selbst liegt. Jetzt nach Auslesen des Buches muss ich diesen Kritikpunkt revidieren, mich beim Autor und dem Buch entschuldigen, denn im Grunde genommen macht der Autor einfach alles genau richtig. Er zeigt uns nicht nur die Hürden der Männer, sondern eben auch die der Ehefrauen, sich mit Themen auseinandersetzen, die einzig und allein nur deshalb aufkommen, da die Gesellschaft eine bestimmte Vorstellung hat, was einen Mann oder eine Frau / einen Ehemann oder eine Ehefrau ausmacht.
Der Wunsch, sich in Gesellschaft zu begeben, sich auszutauschen, öffentlich zu einander zu finden, mit Angst, Scham, sozialen Druck, einer komplett anderen Welt (China - Amerika) und dem damit verbundenen Kulturschock, der Erinnerung an vergangene Zeiten, der Desillusionierung der Gegenwart, einer Erwartungshaltung, die irgendwann schlicht nicht mehr vorhanden ist, da einzig das Überleben wichtig wird - all diese Themen umfasst das Buch.
Und gerade in vielen Aussagen der Ehefrauen über ihre homosexuellen Männer lernen wir das Verhältnis der Ehepartner besser kennen und sehen, dass Freundschaft, tiefe Verbundenheit und auch ein tieferes Verständnis vom eigenen Sein durch dieses Verhältnis möglich ist. Yan Hua lebt in der Erinnerung an Shun-Er, hat Träume. Sie sagt:
"Meine Theorie ist, dass meine Träume gar keine Träume sind. Sondern ein Fenster in die Vergangenheit. Nicht meine Vergangenheit, die meines Mannes."
Die Stärke des Buches und damit die des Autors Jiaming Tang liegt vor allem im letzten Viertel des Buches und macht es für mich dadurch zu einem Highlight des Jahres. Ich habe hier Fragen nach der Wirklichkeit und der Idee, dass es mehrere Versionen von Wirklichkeit gibt, Sehnsucht, dem unbändigen Wunsch, sich auszutauschen über ein Thema, von dem man genau weiß, dass allein es auszusprechen, die Beziehung zwischen zwei Menschen ändern wird - all dies ist komprimiert auf 300 Seiten und ich muss sagen, dass es ein Meisterwerk geworden ist.
Ich vermute, dass die Geschichte die Geister spalten wird - aber für mich ist es genau das, ein Meisterwerk.
Die Grundgeschichte ist schnell erzählt - und so beginnt auch die Handlung im Buch. Wir befinden uns in der Provinz Fuzhou/China und erleben, wie sich Männer in einem auf Kriegsfilme ausgelegten alten Kino mit anderen Männern treffen können, einer Umgebung, die sich zumindest im Ansatz nach einem safe space anfühlt. Old Second und Shun-Er lernen sich hier kennen und stellen schnell fest, dass mehr als der Wunsch nach körperlicher Nähe sie verbindet.
"Das Kino ist ein Ort, an dem eine bestimmte Art von Realität aussetzt" (S. 29)
Seltsamerweise trifft der Klappentext auf dem Einband exakt das, was das Buch im Inhalt ausmacht, dennoch hatte ich vor allem beim Lesen des zweiten und dritten Viertels oft das Gefühl, dass der Fokus des Buches allzu sehr auf die Ehefrauen der Männer und nicht auf die Männer selbst liegt. Jetzt nach Auslesen des Buches muss ich diesen Kritikpunkt revidieren, mich beim Autor und dem Buch entschuldigen, denn im Grunde genommen macht der Autor einfach alles genau richtig. Er zeigt uns nicht nur die Hürden der Männer, sondern eben auch die der Ehefrauen, sich mit Themen auseinandersetzen, die einzig und allein nur deshalb aufkommen, da die Gesellschaft eine bestimmte Vorstellung hat, was einen Mann oder eine Frau / einen Ehemann oder eine Ehefrau ausmacht.
Der Wunsch, sich in Gesellschaft zu begeben, sich auszutauschen, öffentlich zu einander zu finden, mit Angst, Scham, sozialen Druck, einer komplett anderen Welt (China - Amerika) und dem damit verbundenen Kulturschock, der Erinnerung an vergangene Zeiten, der Desillusionierung der Gegenwart, einer Erwartungshaltung, die irgendwann schlicht nicht mehr vorhanden ist, da einzig das Überleben wichtig wird - all diese Themen umfasst das Buch.
Und gerade in vielen Aussagen der Ehefrauen über ihre homosexuellen Männer lernen wir das Verhältnis der Ehepartner besser kennen und sehen, dass Freundschaft, tiefe Verbundenheit und auch ein tieferes Verständnis vom eigenen Sein durch dieses Verhältnis möglich ist. Yan Hua lebt in der Erinnerung an Shun-Er, hat Träume. Sie sagt:
"Meine Theorie ist, dass meine Träume gar keine Träume sind. Sondern ein Fenster in die Vergangenheit. Nicht meine Vergangenheit, die meines Mannes."
Die Stärke des Buches und damit die des Autors Jiaming Tang liegt vor allem im letzten Viertel des Buches und macht es für mich dadurch zu einem Highlight des Jahres. Ich habe hier Fragen nach der Wirklichkeit und der Idee, dass es mehrere Versionen von Wirklichkeit gibt, Sehnsucht, dem unbändigen Wunsch, sich auszutauschen über ein Thema, von dem man genau weiß, dass allein es auszusprechen, die Beziehung zwischen zwei Menschen ändern wird - all dies ist komprimiert auf 300 Seiten und ich muss sagen, dass es ein Meisterwerk geworden ist.
Ich vermute, dass die Geschichte die Geister spalten wird - aber für mich ist es genau das, ein Meisterwerk.