Lädchenbuch für Fortgeschrittene

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Lädchenbuch für Fortgeschrittene

Kurzmeinung: Das Thema der weiblichen Promiskuität im Lädchenbuch ist schon ... mal was anderes.


Elizabeth Gilbert entführt ihre Leser ins Theatermilieu. Nicht ins Metropolitan, nicht an den Broadway, nicht dorthin, wo Produzenten, Regisseure, Autoren und Schauspieler im Zenit ihrer Karriere angekommen sind, sondern ins Tingeltangel, dorthin, wo man sich abstrampelt, wo der mittelmässige oder auch der sich bis jetzt nur noch nicht ins Rampenlicht des Ruhms vorgekämpfte Künstler lebt und wirkt.

Das Mileu von Puder, Schminke, billiger Garderobe des Lilyplayhouse in New York überzeugt zunächst einmal. Man darf zusehen wie aus einer Mischung von Genie, Wahnsinn und vielen glücklichen Zufällen ein erfolgversprechendes Musical entsteht. Immer entlang von Vivians ausschweifendem Liebesleben führt Gilbert Regie in ihrem Doppel: es entsteht im Roman „City of Girls" das Musical „City of Girls“. Insoweit ist der Roman amüsant, die künstlerische Freiheit alles so zu richten, damit es passt, nehme ich der Autorin nicht übel.

Das Personal ist freilich aus der Restekiste. Schablonen und Muster ohne Wert. Die Banalität mit der die Protagonisten gezeichnet werden, ist schon manchmal peinlich.

Dennoch gelingt es Elizabeth Gilbert in deren Interaktionen mindestens eine interessante Schlüsselszene zu inszenieren. Eine Diva putzt „unsere Vivian“ , eine neunzehnjährige aufsässige, promiskuitive Göre aus der Provinz herunter. Sie teilt Menschen in wertvolle und weniger wertvolle Klassen ein. Und obwohl Vivian durchaus verdient hat, dass ihr der Kopf gewaschen wird, geht Diva zu weit. Man kann Menschen verbal vernichten. Und das ist Unrecht. Gilbert ist also durchaus moralisch. Moralisch im positiven Sinn. Ihr Buch stellt heraus, wie sehr man sich als junger Mensch von den falschen Dingen blenden lassen kann.

Anschließend verlassen wir leider das Theatermileu und begeben uns ins Brautmodengeschäft. Alsdann, im verkappten Lädchenbuch gefangen, schaltet die geneigte Leserin ab. Rührselige Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg tunken den Roman vollens in den Klischeetopf ein.

Fazit: Für einen Roman, der sich in der zweiten Hälfte als leidiges Lädchenbuch enttarnt, ist „City of Girls“ gar nicht so übel. Der Roman setzt sich mit dem Thema der weiblichen Promiskuität auseinander, was ungewöhnlich ist. Allerdings ist der Roman mit seinen cirka 500 Seiten schrecklich weitschweifig und hätte stark gekürzt gehört.

Verlag: S. Fischer
Kategorie: Lädchenbuch