Blutiges Neapel

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kissgirl Avatar

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Ausgerechnet am Festtag von San Gennaro, seines Zeichens Heiliger und Stadtpatron von Neapel, taucht ein Mann namens Ianus Capuano in der Questura auf, der sich seit geraumer Zeit bedroht fühlt. Er landet im Büro von Commissario Gaetano und schildert diesem eine sehr krude und unglaubwürdige Story. Trotz des zu erwartenden Chaos wegen des anstehenden "Blutwunders" und dass es sich bei dem Mann um einen extrem unsympathischen Norditaliener aus Turin handelt, erklärt sich Gaetano widerwillig bereit am Abend kurz bei dessen Wohnung vorbeizugehen und nach dem Rechten zu schauen. Der Commissario beauftragt dann jedoch einen Kollegen, dies für ihn zu übernehmen. Als dieser in der Wohnung eintrifft findet er Capuano tot auf, geköpft wie sein Namensvetter San Gennaro.

Der Neapel-Krimi "Commissario Gaetano und der lügende Fisch" startet sehr fulminant. Schon das Cover mit Blick über Neapels Dächer zum Vesuv als auch die blumigen Beschreibungen der Stadt lassen schnell ein Gefühl für den Schauplatz entstehen. Geschuldet ist dies sicherlich auch dem Fakt, dass der Autor Fabio Nola, ein deutscher Historiker, einige Jahre in Neapel gelebt hat.

Leider nehmen diese blumigen Beschreibungen im Laufe der Geschichte viel Platz ein. Besonders die olfaktorischen Ergüsse, die gefühlt auf jeder zweiten Seite zu finden sind, nerven und suggerieren, das Neapel ein stinkendes Dreckloch ist. Auch die Neapolitaner kommen da nicht besonders gut weg.
Mit der Figur des Commissario Gaetano wurde ich zu keiner Zeit warm, von Feinfühligkeit, wie im Klappentext beschrieben, keine Spur. Ganz im Gegenteil poltert der Hauptprotagonist sowohl dienstlich als auch privat halbherzig, unkonzentriert, oftmals unbeholfen aber auch immer wieder sexistisch durch das Geschehen. Entscheidungen trifft er situativ nach eigenem Gusto, Recht und Gesetz sind da eher hinderlich. Die weiteren Charaktere bleiben entweder sehr blaß oder sind komplett überzeichnet, allen voran der hinzugezogene Psychologe/Profiler. Dessen Geschwafel über Menstruation hätte sich der Autor sparen können.
Der Plot an sich ist eigentlich recht spannend und hat mich, trotz der vielen langatmigen Ausflüge auf Nebenschauplätze und der manchmal sehr seltsamen Dialoge (so abgehoben spricht doch kein Mensch), bis zum Ende durchhalten lassen, welches dann auch irgendwie zum Charakter des Commissario passt.

Wer Krimis mit viel Lokalkolorit und verschrobenen Figuren mag, dem sei dieses Buch empfohlen. Wer mehr Krimi im Krimi haben möchte, sollte eher nicht zugreifen.