Nicht altmodisch, aber vintage ...

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terii Avatar

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Die 21-jährige Rebecca liebt die Regency Zeit. Natürlich nimmts ei dann am Regency Revival Festival teil - nur landet sie dabei unerklärlicherweise im London des Jahres 1816!
Plötzlich ist die mittellose Studentin eine waschechte Lady. Dass dies nicht nur Positives mit sich bringt, muss sie bald erfahren. Zum Glück gibt es auch den Piraten Reed, der ihr ganz schön den Kopf verdreht.

Ich hatte so gehofft, dass mir das Buch gefallen würde, weil es viel zu selten vorkommt, dass eine starke junge Frau sich in der Regency-Zeit behaupten muss. Die Bridgerton und Wallflower-Bücher haben Protaginistinnen, die sich am Ende doch immer wieder unterordnen.

Rebecca, die Protagonistin, nennt sich selbst „nicht altmodisch, aber vintage“, was mir leider sehr schlimm „I’m not Like other Girls“-Vibes beschert hat. Ich verstand ihre Einsmakeit, weil sie ihre Eltern früh verloren hat und ihr Geschichte, sprich Dinge, die schon passiert sind, ihr Halt geben. Allerdings ist sie sehr distanziert und hat kaum Freunde, bis auf ihre Kollegin in der Bibliothek, welche Rebecca unbedingt verkuppeln MUSS, weil Rebecca noch Jungfrau ist. All ihre Dating-App-Dates sind katastrophal, aber da frage ich mich: Warum datet sie nicht an der Uni? Dort findet man ja sehr oft Leute, die die gleichen Interessen haben und einen Mangel an Partys zum Kenennlernen gibt es auch nicht.
Sie studiert weiteres Ägyptologie, will aber nicht wirklich an Konferenzen in Kairo teilnehmen. Warum dann Ägyptologie studieren? Wenn sie sich dem London des 19. Jahrhunderts gewidmet hätte, wäre sie enger an ihren Wohnort gebunden und könnte hier auch selbstständig Forschung betreiben.
Leider hört es hier nicht auf, denn, als Rebecca in der Vergangenheit landet und ihr auch erklärt wird, dass sie sich wirklich im London des Jahres 1816 befindet, schwenkt sie vor ihrer Zofe ihr Tampon umher und erklärt ihr, wofür es da ist. Ich sag es mal so: Dass diese sich um die Unversehrtheit ihrer Herrin Sorgen macht ist doch logisch? Ja, ich finde es gut, dass Rebecca ihr Leben aus dem 21. Jahrhundert mitgenommen hat, aber eine so kluge Frau, würde sich in diesem Fall doch zurückhalten oder lügen, oder?

Um vor meinen größten Kritikpunkt noch etwas Positives zu sagen: Reed, ihr Love Interest, der als Freibeuter unter der Krone segelt, war wirklich süß.
Aber auch hier: Warum wird das Buch als spicy vermarktet, wenn sogar eine wichtige Sexszene am Ende fade to black ist? Das Buch besitzt also etwas spice, aber - wie ich finde - an den falschen Stellen.

Was mir aber sehr viel zerstört hat war das Ende und das damit einhergehende Konzept des Zeitreisen. Vorab: Wenn man sich fragt, warum Rebecca in der Vergangenheit gelandet ist und wie sie zur Lady wurde: Sie ist praktisch in ihrer eigenen Fanfiktion aufgetaucht. Ihre Familie hat sie sich selbst erschaffen, aber dennoch ist alles wie im London des Jahres 1816. Ergibt das irgendwie SInn? Leider nicht.

ACHTUNG! SEHR STARKE SPOILER!
Ein großes Problem habe ich mit dem Konzept des Zeitreisens. Ich weiß, dass dies ein Liebesroman ist, aber da das Zeitreisen die ganze Handlung am Laufen hält, muss ich jammern. Mir ist bewusst, dass es kein richtiger Sci-Fi oder Fantasyroman ist, aber dennoch darf man nicht einfach irgendetwas schreiben!
Man erfährt zu Beginn, dass Dinge, die man in der Vergangenheit ändert, sich auf die Zukunft auswirken: Durch ein paar Änderungen von Rebecca in der Vergangenheit ist sie in der Zukunft eine Adelige, reich und hat Freundinnen. Also wie ändert sich die Zukunft dann, wenn gleich 4 (!!) Personen aus der Vergangenheit für immer in die Zukunft gehen? Die Verantwortliche für das Zeitreisen sagt explizit, dass Rebecca nicht schwanger werden und niemanden umbringen sollte, aber 4 fehlende Leute gehen klar? Beziehungsweise mit Rebecca sind es 5. Wiederrum existierte Rebecca und ihre Familie nicht, weil Rebecca sie ausgedacht hat, aber was ist mit Reed? Fragen über Fragen. Die einfach nicht geklärt werden.