so viel verschenktes Potenzial

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„Es ist, als würde sie versuchen, unsichtbar zu sein, und gleichzeitig ist sie aber superpräsent.“
(Ben über Sasha in Crazy in Love)

Worum geht’s?

5000 Meilen von Zuhause entfernt startet Sasha in ein Abenteuer: Sie wird ihr letztes Schuljahr in Boston an der Weston High verbringen, einer elitären Schule, die sie perfekt auf ihr Wunschstudium in Yale vorbereiten soll. Bei der Familie ihres Vaters lebend muss sie sich nicht nur mit Anfeindungen auseinandersetzen, die von ihren Verwandten kommen, sondern auch schnell lernen, was für ein Mienenfeld die Highschool hier bedeutet. Besonders Ben, Star der Schule, scheint zu einem ernsten Problem für sie werden. Denn aus anfänglicher Antipathie wird schnell ein Herzrasen, wenn er in der Nähe ist… Doch kann das gutgehen?

Crazy in Love ist Band 1 der dreiteiligen Weston High Reihe und ist nicht in sich geschlossen. Das Buch wird mit Hopelessly in Love fortgesetzt.

Schreibstil / Gestaltung

Das verspielte Cover in einem kräftigen Rosa mit goldfarbenen Schriftzug und einer goldfarbenen Verzierung wirkt feminin und ansprechend. Es passt zum Buch und dem Genre. Das Buch wird wechselnd aus Sicht von Ben und Sasha in der Ich-Perspektive erzählt, wobei Sashas Kapitel überwiegen. Die Kapitel sind entsprechend beschriftet. Die Geschichte hat einen linearen Verlauf. Der Schreibstil ist sehr locker und leicht gehalten, generell wirkt das Buch recht jugendlich und frisch. Das Buch beinhaltet keine explizite Sprache und nur eine nicht sonderlich explizite Intimszene.

Mein Fazit

Coverliebe, anders kann ich meine erste Begeisterung für dieses Buch nicht benennen. Das wunderschöne Cover, diese tollen Farben und der vielversprechende Titel hatten meine Aufmerksamkeit, der Klappentext hat mich dann für sich gewonnen. Neue Schule, Vorbereitung aufs College, ein reicher Jungs als Love Interest – das sind alles gute Grundlagen. Was die Autorin jedoch daraus gemacht hat, hat mich nicht gerade crazy in love fallen lassen.

Sasha hat es geschafft. Sie konnte ein Stipendium an der renommierten Weston High Schule ergattern. Wenn sie ihr letztes Schuljahr hier erfolgreich absolviert, stehen ihre Chancen, in Yale genommen zu werden und Medizin studieren zu können deutlich höher. Denn Medizin in Yale ist ihr Traum, ihr Wunsch, ihr Ziel. Es gibt für sie keinen anderen Ort. Aber hierfür muss sie hart arbeiten und ist bereit, Opfer zu bringen, weshalb sie sich sogar in die Höhle der Löwen begibt: Denn in Boston soll sie bei der Familie ihres Vaters leben. Ausgerechnet die Familie, die ihren Dad damals verstoßen hat, als er ihre Mutter geschwängert und geheiratet hat und die seitdem nie den Kontakt zueinander hatten. Als wäre es nicht schon schwer genug, ihre unbekannten Verwandten kennenzulernen, ähnelt auch das Schulleben einem Spießrutenlauf. Ein Haufen Rich Kids, ein sehr anspruchsvolles Lehrprogramm und das Fehlen von Freunden setzen Sasha schnell zu. Das hat sie sich definitiv einfacher vorgestellt. Als dann auch noch der Schulstar Ben etwas gegen sie hat, scheint es aussichtslos und Sasha fängt an, an ihrem Plan zu zweifeln. Doch als sie Ben überraschend außerhalb der Schule trifft und sein Geheimnis erfährt, werden die Karten neu gemischt. Und irgendwie ist da plötzlich auch ein Kribbeln, wenn Ben in ihrer Nähe ist. Doch wie soll es gehen, wenn zwei Welten aufeinandertreffen, die vermeintlich nichts gemeinsam haben?

In der Schule hat man mir beigebracht, dass die W-Fragen essenziell für Texte sind. Wer, wo, wie und was erhält man hier zu genüge, aber das magische Warum – daran scheitert es bei Crazy in Love massiv. Offenbar wusste die Autorin nicht so ganz, was sie eigentlich möchte: Soll es ein Young Adult Buch sein oder vielleicht doch lieber New Adult? Soll es humorvoll-spritzig sein oder ernst mit Tiefe? Soll es eine Haters to Lovers Romance Geschichte werden? Ich hatte beim Lesen das Gefühl, Emma Winter wusste es nicht. Vielleicht wollte sie aber auch zu viel. Es ist von allem ein bisschen, aber nichts konsequent. Es wirkt so, als hätte man eine Kiste mit Puzzleteilen ausgekippt, der Leser darf sich dann selbst etwas zurechtpuzzeln. Zwar ist das Buch wirklich kurzweilig und gut lesbar, es ist nicht sonderlich anspruchsvoll und wirklich angenehm für Zwischendurch, zugleich fehlt es aber auch an einem roten Faden (es wirkt eher wie eine sehr willkürliche gestrichelte Linie, die sich durch das Buch zieht), an konsequenter Charakterentwicklung und einer nachvollziehbaren Dynamik zwischen den Charakteren – und damit meine ich nicht nur Ben und Sasha, sondern eigentlich generell jeden.

Denn eine Sache, die dieses Buch auszeichnet: Jeder ist extrem sprunghaft, ändert alle paar Seiten eine Meinung, Einstellung und Haltung und selbstverständlich kriegt der Leser oftmals nicht einmal ansatzweise eine Erklärung hierfür. So muss man damit leben, dass allein Sasha etwa 10x ihre Haltung zu Ben ändert, ohne dass es nachvollziehbar ist, wieso eigentlich. Es startet schon bei der anfänglichen Abneigung, die einfach da ist. Dann ist sie weg, dann ist sie wieder da, dann ist sie wieder weg. So ein Pingpong-Spiel zieht sich durch das ganze Buch – vermeintlich das einzig Konsequente der Autorin neben Sashas absolut übertriebenen Vorliebe für Listen, hierzu aber später. Es ist einfach paradox. Man hat das Gefühl, dass in diesem Buch so wenig passiert, aber zugleich zu viel geschieht, was einen total überrumpelt, weil es plötzlich eingeflochten wird und genauso plötzlich wieder geht. Es fehlt einfach ein gewisser Flow und vor allem hat man stets das Gefühl, dass sämtliche Punkte hochgradig überdramatisiert werden. Es gibt nicht greifbare Twists, nicht erklärbare Meinungsänderungen und es tauchen Leute auf, die so selbstverständlich als beste Freunde oder Vertrauensperson integriert werden, dass man fast schon lachen möchte – immerhin kennt man sich gerade erst kurze Zeit.

Man muss aber auch festhalten, dass das Buch bereits auf einem wackligen Grundgerüst steht. Wieso zieht ein Mädchen zu einer ihr wildfremden Familie, die ihren Dad einst verstoßen hat, um an seiner Schule das letzte Jahr zu machen, obwohl sie weiß, dass dies eine Eliteschule ist? Dass natürlich jegliche Klischees bedient werden müssen von zickigen Mädels, die sich auf ihr elitäres Gehabe etwas einbilden (und Sasha natürlich stereotypisch sich über die Leute stellt und sich gedanklich über diese und das Schulleben amüsiert) und von unausstehlichen Rich Kids, die denken, ihnen liegt die Welt zu Füßen, war vorhersehbar und stört mich auch gar nicht so sehr. Fühlt sich halt bisschen wie eine unschuldige Version von Gossipgirl an, unterstreicht aber auch die Oberflächlichkeit des Buches. Sobald Sasha da ist, hat man oft das Gefühl, dass sie sich gar nicht mehr auf Yale und ihre Studien konzentriert, die Autorin baut dann aber hier und da nochmal einen Satz ein, dass sie natürlich sooo viel gelernt und gemacht hat. Daran teilnehmen dürfen wir aber nicht, stattdessen verkosten wir lieber wieder Cupcakes.

Generell scheint die Fokussetzung in diesem Buch etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein. Während anfangs Yale, Yale, Yale das Thema ist, ist dies bald irgendwie nur noch Nebensache und es geht nur noch um Ben – und Cupcakes. Würde man meinen, dass somit zumindest die Lovestory anständig aufgebaut wird, so war ich zutiefst enttäuscht. Nein, sie ist nicht greifbar, nicht nachvollziehbar, nicht präsent. Warum sind dort Gefühle, was sind da eigentlich für Gefühle? Keine Ahnung. Das liegt vor allem auch daran, dass Ben eigentlich von Anfang an eine ganz andere Agenda verfolgt, diese aber irgendwo verloren geht – oder zumindest nicht mehr angesprochen wird – und er ganz andere Ambitionen hat. Nur wieso wird für mich einfach nicht offenkundig. So gibt es auch einige Szenen, wo sowohl Ben als auch Sasha komplett irrational handeln und es so zu einer verdrehten Welt im Buch führt, etwa als Ben das Weite sucht, obwohl Sasha eigentlich die Gehörnte ist und Sasha Drama schiebt, ohne vorher mal zu fragen, was los ist. Ich muss wirklich sagen, dass es mich auch verwirrt, dass ich mehr über Sashas Cupcakevorliebe, ihre Rezepte und Backsessions weiß als über ihren Hintergrund, über ihre Zukunftswünsche und ihre Vorbereitungen auf Yale.

Für mich ist Crazy in Love deutlich im Bereich Young Adult anzusiedeln. Die Charaktere wirken über weite Strecken unreif, allen voran die Protagonistin Sasha. Es gibt die typischen Problemchen an der Schule, das wahnsitzige Verknalltsein von Teenagern, die typische Wankelmütigkeit von ich hasse dich zu ich liebe dich zu ich hasse dich und auch das Setting rund um die Highschool vermag in keinster Weise thematisch im Bereich New Adult angesiedelt zu sein. Das kann auch nicht durch die Sexszene gerettet werden, die so hanebüchen deplatziert eingebunden wird, als wäre der Autorin kurz vorm Ende eingefallen, dass klassischerweise im New Adult Genre etwas Bettsport notwendig ist. Mist, muss halt schnell noch rein, lassen wir die extrem sprunghafte Protagonistin halt mal wieder in einer schwachen Minute ihre Meinung ändern, nachdem sie vorher ja so viel leiden musste. Es versaut dem Leser in meinen Augen einfach extrem den Lesespaß, wenn man permanent Konflikte einbaut, die man dann aber ohne Kommunikation, ohne Lösung einfach begräbt. Schwamm drüber, das scheint hier sowieso ein absoluter Ansatz zu sein. Erst dramatisieren bis zum geht nicht mehr, dann aber einfach abhaken und weitermachen. Führt massiv zu Frust und lässt die Glaubwürdigkeit von Gefühlen und der Beziehung massiv leiden.

Zu den Charakteren muss ich sagen: Sasha hat es unproblematisch auf meine Liste der nervigsten Protagonisten geschafft. Bereits nach kurzer Zeit hat ihre vorurteilsbehaftete Art und ihr zwanghafter Drang, Listen zu schreiben, mich auf die Palme gebracht. Nicht, dass ich Listen nicht mag. Oh doch, ich liebe sie. Aber es ist unnormal und fast schon wahnsinnig, was Sasha für Listen schreibt und es trägt nicht gerade dazu bei, die Protagonistin ernstnehmen zu wollen, wenn sie Listen wie „Wie finde ich Freunde“ oder „Anti-Ben-Liste“ schreibt. Sicher mag der ein oder andere dies lustig finden, für mich war es einfach nur unangenehm, da man permanent das Gefühl hatte, dass Sasha ein aufgedrehter Teenie ist, der sich seine Gedanken aufschreiben muss, weil der Horizont sonst überladen ist. Von Sashas Art, Buchstaben von bestimmten Worten zu zählen, möchte ich eigentlich gar nicht erst anfangen. Aber Wahnsinn – 8 Buchstaben – trifft es ziemlich gut. Wenn man bedenkt, dass sie in weniger als einem Jahr nach Yale möchte und dort Medizin studieren mag, sehe ich schwarz. Mit 7 Buchstaben und zwei Ausrufezeichen. Zu Ben kann ich wenig sagen. Er wird als der typische Superstar hingestellt, der weiß, dass er Kohle und Einfluss hat. Natürlich möchte er das alles aber gar nicht und hat ganz andere Ambitionen, von denen niemand wissen darf, weil sein Vater genaue Vorstellungen hat, was Ben tun und lassen soll. Mehr habe ich über Ben aber auch nicht erfahren, er war eindimensional und oberflächlich. Gleiches gilt leider auch für die absolut austauschbaren und ohne großen Wiedererkennungswert eingebauten Nebencharaktere wie die zickige Cousine, die plötzlich auftauchenden Freunde an der Schule, die Kollegen auf der Arbeit. Es ist sogar so gewesen, dass ich hin und wieder einige Charaktere für andere gehalten habe, weil (abgesehen von der Namensähnlichkeit) mir gar nicht wirklich bewusst war, wo Charakter X jetzt herkam und wieso sie so eng zueinanderstehen. Generell bedienen eigentlich alle Charaktere vorgesehene Klischees. Ihre jeweilige Rolle spielen sie aber zumindest gut.

Am Ende muss ich mich aber zumindest insoweit geschlagen geben, dass ich offen zugebe: Ich habe Fragen. Ich möchte einige Punkte, die hier nicht geklärt wurden, gern aufgelöst wissen und verspüre daher auch das Bedürfnis, Band 2 lesen zu wollen. Vielleicht auch mit ein bisschen Hoffnung, dass Sasha ihre übertriebene Art etwas ablegt und zur Ruhe kommt. Auf jeden Fall hätte ich gern meine Fragezeichen beantwortet, insbesondere was auch die Familiengeschichten angeht. Da sich das Buch recht schnell und einfach hat lesen lassen, denke ich, dass trotz aller Kritik die Lektüre von Band 2 drin sein wird, nur halt mit deutlich niedrigeren Erwartungen.

Einen Punkt muss ich an dieser Stelle aber noch ansprechen. Ich weiß, dass man das Rad nicht neu erfinden kann und dass es genreintern häufig zu Überschneidungen kommt. Das stört mich in der Regel auch nicht. Hier muss ich aber sagen, dass ich wirklich überdeutliche Parallelen zur Maxton Hall Reihe von Mona Kasten sehe. Beide Protagonistinnen haben eine Obsession für eine gewisse Uni als oberes Ziel, beide haben eine ausufernde Vorliebe für Listen. In Crazy in Love haben Sasha und ihre Freundin ein Fashioninstagram, bei Maxton Hall die Schwester einen Fashionblog, in beiden Büchern sind die männlichen Protagonisten im Konflikt mit den väterlichen Erwartungen, weil sie was anderes machen wollen als vorgegeben, beide Bücher behandeln normales Mädchen vs. reichen Superjungen, das Mädchen weiß das Geheimnis vom Jungen, was den Jungen dazu bringt, das Mädchen beeinflussen zu wollen. Dass auch noch beide Bücher zufälligerweise einen besten Freund des Protagonisten haben, bei dem die Familie aktuell in einer (finanziellen) Schieflage ist, war dann auch nur noch ein weiterer Haken auf der Übereinstimmungsliste. Es ist wirklich schwierig, über so viel Überschneidungen hinwegzugucken.

Insgesamt erweist sich Crazy in Love somit als anstrengendes Buch, welches nicht wirklich etwas mitbringt, was einen begeistern kann, gleichzeitig aber zu viele Sachen ungeklärt bleiben, als dass man freiwillig sagt „ich lese Band 2 nicht“. Ich hatte einfach zu sehr das Gefühl, dass das Buch nicht weiß, was es sein will oder sein soll und somit ein unrunder, viel zu bunter Haufen entstanden ist, der zudem leider noch mehr als deutlich Parallelen zu anderen Genrebüchern aufweist. Hier gab es so viel Potenzial, welches einfach nicht genutzt wurde. Aber immerhin gibt es so wahnsinnig viel Luft nach oben für Band 2. Und man muss Crazy in Love zumindest zugutehalten, dass es kurzweilig und gut lesbar ist.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]