Cut

Die Leute öffnen immer die Tür.

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naraya Avatar

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Keye Street ist gebürtige Halb-Asiatin, zynisch, provokant und oben drein trockene Alkoholikerin – diese und vielleicht auch noch einige andere Eigenschaften haben dafür gesorgt, dass aus der aufstrebenden FBI-Profilerin inzwischen eine Privatdetektivin geworden ist. Keye hat nur wenige gute Freunde: Da wäre zum einen Neil, ihr ganz privater Hacker und ihr einziger Mitarbeiter in der Detektei, ihre einzige weibliche Freundin Diane und natürlich Lieutenant Rauser, ihr bester Freund und wichtigster Vertrauter. Er ist es auch, der Keye in seinen neuesten Fall verwickelt: ein Serienmörder treibt in der Gegend sein Unwesen und immer wieder öffnen ihm nichtsahnende Opfer die Haustür. Als sich der Mörder in Briefen erst an Rauser und schließlich an Keye selbst wendet, gerät sie immer mehr in den Strudel des Vebrechens und weiß bald nicht mehr, wem sie noch vertrauen kann.

Amanda Kyle Williams ist mit „Cut“ ein spannender Thriller gelungen, der vor allem vom Charme seiner Protagonistin lebt. Keye Street ist keine strahlende Gewinnerin; sie ist in ihrem Leben schon mehrmals tief gefallen, hat aber auch gelernt, stets wieder aufzustehen. Schon in ihrer Kindheit hatte sie es als Asiatin mit ihren weißen Adoptiveltern und dem afroamerikanischen Adoptivbruder nicht leicht, doch Keye biss sich durch und machte Karriere. Wenn da nur nicht die fatale Beziehung zu ihrem damaligen Ehemann und die Alkoholsucht gewesen wären, die letztendlich zur Entlassung aus dem FBI führten. Dank einem Klinikaufenthalt und ihren Freunden hat Keye nun ins (Berufs-)Leben zurückgefunden und kann sich vor Aufträgen kaum retten. Sie ist ein durchweg glaubwürdiger Charakter, der Höhen und Tiefen durchläuft – wir sehen Keye weinen und lachen, verzweifeln und triumphieren, fluchen und leise Töne anschlagen. Dabei immer an ihrer Seite: Rauser, ihr Gegenstück, ihr Seelenverwandter. Leider soll es fast einen gesamten Roman lang dauern, bis Keye klar wird, was der Leser schon von den ersten Seiten an spürt.

Die Sprache des Romans ist so wechselhaft, wie seine Charaktere. An manchen Stellen sprüht sie nur so von humorvollen Dialogen oder einem Schlagabtausch unter Freunden, an anderen hingegen ist sie so realistisch wie grausam. Zum Beispiel dann, wenn Amanda Kyle Williams ihren Mörder von seinen Gefühlen erzählen lässt, von der Angst und den Qualen seiner Opfer. An vielen Stellen ist sie natürlich auch so provokant und vulgär wie Keye selbst. Mich persönlich hat das nicht gestört, weil es gut in die Handlung und den Roman als Ganzes passte.

Das Ende war für mich in Teilen vorherzusehen; ein bestimmtes Gefühl begleitete mich den gesamten Roman hindurch und stellte sich dann auch als wahr heraus. Dennoch war ich von der Auflösung überrascht und sehne jetzt die Fortsetzung der Reihe um Keye Street herbei, weil mir die Protagonisten, ja selbst die Nebenfiguren (Man denke nur an Keyes wunderbare Eltern und ihre Katze „White Trash“.) ans Herz gewachsen sind.

Fazit: „Cut“ ist für mich ein vielversprechender Serienauftakt mit fabelhaften Charakteren, von den man unbedingt mehr lesen möchte.