Cut

Ein gelungenes Debüt

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theresia626 Avatar

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Keye Street, eine sehr intelligente junge Frau, die ihre Dämonen nach einer Entziehungskur und Besuchen bei den Anonymen Alkoholikern besiegt hat, arbeitet jetzt u.a. für ein Kautionsbüro in Atlanta und versucht sich mit ihrem Mitarbeiter Neil, einem Computerfreak, eine Privatdetektei aufzubauen. Nach Alkoholexzessen war sie für das FBI nicht mehr tragbar, wurde fristlos entlassen. Acht Jahre Arbeit beim FBI hatten ihren Tribut gefordert, die Arbeit konnte Keye nur noch mit Alkohol ertragen. „Nachts litt ich unter Schweißausbrüchen und musste trinken, um Abstand zu den grausamen Taten zu gewinnen, die ich am Tage bis ins kleinste Detail analysiert hatte. Und morgens brauchte ich wieder einen Drink gegen die Mattigkeit, die Depression und den Kater.“ (S.182) Sie hat einen Abschluß in Kriminologie und eine Promotion in Verhaltenspsychologie. Was ihr geblieben ist ist eine tiefe Freundschaft zu Lieutenant Aaron Rauser. Rauser zieht sie als Beraterin in einen Fall hinein, der Keye ein zweites Mal an ihre Grenzen bringt und beide geraten ins Visier des Serienkillers, der schon seit seiner frühesten Jugend sein Unwesen treibt. „Der Täter ist nicht nur ein irgendein Opportunist, irgendein Gewaltverbrecher, sondern etwas anderes, ein grausames und gieriges Wesen, das Angst und Schmerz auslöst und sich daran weidet.“ (S.45) Dies in Kürze, mehr über den Inhalt des Thrillers preiszugeben, würde die Freude am Lesen sehr trüben.

Diesmal wird der Inhalt des Thrillers im Klappentext auch vom Verlag nur bis zur Seite 40 offengelegt und auf der Rückseite des Schutzumschlages enden die Hinweise dann auf S. 43. Das finde ich sehr gut. Der Leser geht völlig unvoreingenommen auf die Jagd nach dem Serienkiller, dem die Presse den Namen Wunschknochen-Mörder gibt. Die Charaktere sind hervorragend beschrieben, besonders Keye und Rauser sind mir ans Herz gewachsen. Sie haben beide ihr Ränzlein zu tragen, hinter Keye liegt eine fünfjährige Ehe, Rauser ist seit 10 Jahren geschieden und hat zwei erwachsene Kinder.  

Amanda Kyle Williams ist mit „Cut“ ein phantastisch gut ausgearbeitetes Erstlingswerk gelungen, das das Herz des Lesers von der ersten Seite an höher schlagen läßt und Vorfreude auf den bereits in Arbeit befindlichen weiteren Teil mit Dr. Keye Street und Rauser macht. Der lässig leichte Schreibstil, die nicht übermäßigen, aber dafür treffend formulierten Beschreibungen der Historie und der Landschaft Atlantas sowie der jeweils örtlichen Gegebenheiten läßt die Seiten nur so dahinfliegen. Hier ergeht sich die Autorin zum Glück nicht in seitenlangen Schilderungen. Der Leser erfährt nur soviel, wie er wissen muß, um sich alles gut vorstellen zu können. Interessant auch, daß Atlanta eine lange Geschichte hat, was Serienmörder angeht und die Anlyse der Blutspuren ist sehr anschaulich erklärt. Das Ende ist so nicht vorhersehbar. Ab der Mitte des Buches glaubt man eine Weile den Mörder am Haken zu haben, doch auch Keye Street hat ihre Zweifel. Viele falsche Fährten werden gelegt. Ich bin lange von einem Buch nicht so magisch angezogen und so gut unterhalten worden. Es wird auch viel über Schwule und Lesben geschrieben. Warum die Autorin sich auf diese Gruppen eingeschosssen hat, bleibt jedoch ungeklärt. Das Cover, gekennzeichnet durch einen großen Schnitt und derer gibt es viele im Buch, ist gut gelungen. 

Wem kann ich den Thriller empfehlen? Lesern, die einen handwerklich sehr gut konstruierten und bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten, sehr scharfsinnigen Plot mögen und vor härterer Kost – es wird schon sehr gewalttätig - nicht zurückschrecken.