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Konventioneller Thriller, originelle Ermittlerin!

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Durch Thomas Harris Roman "Das Schweigen der Lämmer" wurde ein Typus Mörder geschaffen, ohne den scheinbar heute gar kein Buch mehr in der Kriminalliteratur auskommt, den Typus des Serienkillers, der wahlweise Opfer aufgrund einer besonderen Eigenschaft ermordert und meistens bizarr in Szene setzt und mit den Ermittlern ein Katz-und-Maus-Spielchen treibt. Auch das vorliegende Buch macht hier keine Ausnahme:
In Georgia geht ein Serienkiller um, der wahllos Leute besucht und dann über diese herfällt und ermordet. Der von der Presse "Wunschknochen" getaufte Killer sticht wie wahnsinnig geworden auf seine Opfer ein und macht die titelgebenden Schnitte an seinen Opfern zu seinem Markenzeichen. In einem Blog rühmt sich der skrupellose Mörder seiner Taten und ist für die Polizei nicht zu fassen. Diese konsultiert in Form von Aaron Rauser, dem leitenden Ermittler, nun Keye Street, eine trockene Alkoholikerin, die ehemals beim FBI als Profilerin angestellt war, ehe sie aufgrund ihrer Sucht den Job verlor und sich nun als Kautionseintreiberin und Gerichtsvorladungsbotin verdingt. Mit zunehmender Seitenzahl wird der Mörder immer gerissener und die Zahl der Opfer steigt genauso wie der Druck der Öffentlichkeit auf Rauser, der verzweifelt mit Keye den Kampf gegen "Wunschknochen" aufnimmt.
Schon wieder ein Serienkiller, schon wieder eine Mörderhatz, schon wieder eine alkoholabhängige Ermittlerin? Der Plot ist sicherlich nicht bahnbrechend innovativ und schien mir nach der Lektüre des Klappentextes eindeutig bei Cody McFadyens Smoky-Barrett-Reihe abgekupfert zu sein. Dieser Eindruck revidierte sich aber mit Fortschreiten der Geschichte, konnte aber niemals die Klasse anderer weitaus besserer Autoren wie z.B. Jean-Christophe Grangé erreichen. Der Plot alleine wäre mir drei Sterne wert gewesen, doch da wäre ja noch der Faktor Keye Street.
Mit dieser Protagonistin hat Amanda Kyle einen ehrlichen Ermittlertypus geschaffen, der den Leser für sich einzunehmen weiß. Zwar ist Street schon wieder einetrockene Alkoholikerin, wie es sie besonders in skandinavischen Krimis dutzendfach gibt, doch schafft es Amanda Kyle, ihre Protagonistin so ehrlich mit all ihren Facetten zu präsentieren, dass sie zumindest mich beim Lesen nicht großartig störten, sondern mich vielmehr einnahmen. Alle ihre Empfindungen schildert Keye dem Leser ungefiltert und so ist auch viel Platz für nur allzu Menschliches, das die Profilerin umtreibt, wie z.B. (Gefühle für den Ermittler Rauser, die Lust auf einen Drink oder der Neid auf die Kollegin). Dadurch wird Keye Street ungemein lebendig und macht aus dem konventionellen Thriller eine gut lesbare Geschichte, die den Leser an den besten Momenten lachen und mitfiebern lässt. Von Keye Street werden wir hoffentlich noch öfters etwas zu hören bekommen!

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)