Kein bisschen verstaubt

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meldsebjon Avatar

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Vor ca. 80 Jahren wurde dieser Roman geschrieben und ist meiner Meinung nach immer noch aktuell. Wer damals zur High Society gehörte musste seine Zugehörigkeit ständig aufs Neue beweisen. Der Tag war gefüllt mit vielen aus heutiger Sicht unnötigen Terminen, die akribisch aneinandergereiht wurden. Nichts durfte passieren, damit das Kartenhaus nicht einstürzte.

Zwar kann ich nicht mitreden, was die heutigen oberen Zehntausend betrifft, aber ich entdecke viele Ähnlichkeiten mit dem heutigen Durchschnittsbürger. Man füllt seinen Tag komplett aus, setzt sich selber unter Stress, nur um dann über eben jenen stöhnen zu können.

Das Buch erzählt die Geschichte von Nona Manford und ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Scheinbar ernst werden die diversen Problemchen geschildert, aber immer mit einem Augenzwinkern, einer unterschwelligen Kritik. Sprachlich ganz hervorragend wird die ganze Ironie über dieser teilweise eigentlich gar nicht lebensfähigen Gesellschaft ausgeschüttet. Besonders die Rolle der Frau steht im Mittelpunkt der Kritik der Autorin. Man kommt sich zwar wichtig vor, hat aber vom wirklichen Leben keine Ahnung. Männer, die arbeiten, gehen ins Büro. Was sie da tun wird nicht erwähnt, wahrscheinlich, weil man es nicht weiß bzw. nicht wissen will. Emanzipation ist noch weit weg, schwelt aber schon etwas in der ganzen Unzufriedenheit.

Ein tolles Buch, das vielleicht auch dank der ausgezeichneten Übersetzung auch heute noch interessant zu lesen ist.