The Roaring Twenties

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hybris Avatar

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Mein Eindruck vor der Lektüre:

Dieses Mal hat vl ein wahres Schmankerl im Programm. In "Dämmerschlaf" zeigt sich Wharton scharfzüngig und pointiert wie eh und je. Info:

"Vergnügliche Satire auf die Luxusprobleme der oberen Zehntausend von New York

Das New York der Roaring Twenties ist Schauplatz von Edith Whartons bösestem Roman. Klarsichtig und zum Schreien komisch porträtiert sie eine Gesellschaft, die mit lärmendem Partygetöse alle Sinnfragen übertönt. An mehr als einen leichten Dämmerschlaf ist hier nicht zu denken, denn wer schläft, sündigt nicht – und ist damit nur fader Zaungast einer rauschhaft betriebsamen Welt.

Den Stammplatz in New Yorks High Society zu behaupten ist ein aufreibender Fulltime-Job. Wer wüsste das besser als Pauline Manford? Diszipliniert unterwirft sie sich und das Leben «ihrer Lieben» dem Diktat der besseren Kreise. Trotzdem scheint der Verbleib in den schwindelnden Höhen der Wichtigkeit bedroht. Ist der «Mahatma», Paulines Entdeckung der letzten Saison, nun ein inspirierender Psychoguru oder ein Scharlatan mit einer Vorliebe für nacktes Fleisch? Wie lässt sich die Ehe von Paulines Sohn retten, dessen bildhübsche Frau gelangweilt von einer Karriere in Hollywood träumt? Immer schneller dreht sich für Pauline das Hamsterrad der gesellschaftlichen Verpflichtungen. Alles ist gut, solange der Terminkalender voll ist. Whartons Epochenporträt verrät verblüffende Parallelen zur heutigen Zeit."

Meisterhaft karikierte die Autorin schon damals die Ökonomisierung von Beziehungen - Zitat:

"Aber Schmuck muss zumindest glänzen."


Meine Einschätzung nach der Lektüre:

Ich wurde nicht enttäuscht, meine Erwartungen wurden eher noch übertroffen, da man meinen möchte, dass die Autorin auch die heutige Vergnügungssucht und einen Nihilismus karikiert. Haste was, biste was ? Große Literatur zeichnet sich stets auch durch Zeitlosigkeit aus, und Whartons "Dämmerschlaf" ist keineswegs ein einschläferndes Werk!
Fans der Goldenen Zwanziger kommen voll auf ihre Kosten. Vornehm geht die Welt zugrunde! Das Partyvolk von New York feiert, als ob es kein Morgen gäbe, es ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, auf welchem Oberflächlichkeit so etwas wie die oberste Bürgerspflicht zu sein scheint - die Roaring Twenties porträtierten wenige Autoren so gut wie Edith Wharton, deren Werke gerade auch im Zuge der Gender Studies neu rezipiert und analysiert wurden.
Dabei gelingt es der Autorin, mit leisen Untertönen Kritik zu üben, denn all die Exzesse wirken wie Vorboten der Weltwirtschaftskrise, die dem Spass ein jähes Ende bereitete.

Die Protagonisten (Pauline et al) sind zwar ein Teil der upper class, aber auch sie haben ihre Fehler, die es aber tunlichst zu verheimlichen gilt, denn der schöne Schein soll ja gewahrt werden...

Die Übersetzung scheint mir ganz ordentlich zu sein, dennoch denke ich, dass die Kunstfertigkeit der Autorin auf Englisch besser zur Geltung kommt. Be as it may - ich freue mich, dass vorablesen. de auch mal wieder "richtige" Literatur im Programm hatte, denn es muss nicht immer leichte Kost sein.
Für "Dämmerschlaf" spreche ich eine absolute Leseempfehlung aus, denn das Werk ist heute aktueller denn je.

5 Sterne.