Zermürbung

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buchmareike Avatar

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Weil sie in den sozialen Medien zu einer regierungskritischen Demonstration aufgerufen hat, wird Studentin Anja inhaftiert und landet zehn Tage in einer Moskauer Gefängniszelle. Dort ist sie zusammen mit fünf weiteren weiblichen Insassinnen inhaftiert. Es wird geraucht, Tee getrunken und geredet, denn es gibt keine Beschäftigung. Dafür ein ewig dudelndes Radio. Die einzige Ablenkung sind das Essen und die Begegnungen durchs Gitter, wenn jemand über den Hof geht.

Die Frauen sind alle wegen kleinerer Delikte inhaftiert und entstammten unterschiedlichen sozialen Millieus. Dadurch entstehen Spannung und interessante Dialoge. Derweil plätschtert der Gefänfnisalltag dahin und Anja geht es in der Haft psychisch zunehmend schlechter. Sie hat seltsame Visionen, die ihr Angst machen, und sie an ihrem Verstand zweifeln lassen. Für meinen Geschmack waren diese Visionen eher störend.

Wer einen knallharten Gefängniskrimi mit Folter, Aufstand und Gewalt erwartet, wird allerdings enttäuscht. Es geht den Frauen nicht schlecht, abgesehen davon, dass sie nicht duschen können. Die Gewalt ist eher subtil. Durch Langeweile und die Machtlosigkeit des Einzelnden in den Mühlen der Bürokratie wird der Kampfwille gebrochen.

In zahlreichen Rückblenden beleuchtet der Roman Anjas Jugend. Auch das wurde zäh. Die Rückblenden hätte man sparsamer einsetzen können.

Die Erzählungen aus dem Alltag in Russland fand ich durchaus spannend. Alles in allem fehlte Handlung. So wurde auch der Leser langsam zermürbt.