Reise in ferne Welten

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Indien in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Der kleine Ich-Erzähler Bellini wächst in der armen aber traditionsbewussten Familie von Mahuts auf, und auch ihm ist vorherbestimmt, Elefantenführer zu werden. Von einem reichen Unternehmer, der auf den entfernten Andamaneninseln Arbeitselefanten braucht, weil sie die einzigen sind, die sich durch den dichten Dschungel schlagen können, werden sie unter vollmundigen Versprechen auf den fernen Archipel gelockt. Eine waghalsige Reise beginnt, auf einem rostigen Dampfer, den Bauch voller Mahuts und ihrer Elefanten. Unter ihnen ist Dalee, der schwimmende Elefant, der mit Bellini nicht nur Orangen von den kleinen Inseln holt, sondern auch zu einem wichtigen Teil seines Erwachsenwerdens wird.
Dennis Gastmann entführt wieder einmal in ferne Welten. Dem Reiseschriftsteller und Journalisten fällt es nicht schwer, das quirlige Treiben eines überfüllten Marktes, die stickig-feuchte Luft der Tropen, die Lebensweisen unbekannter Kulturen heraufzubeschwören. Dabei taucht er stets tief in die Materie ein, wartet mit einer Fülle von Details auf. Wer mit Dennis Gastmann reist, muss seinen Lesesessel nicht verlassen und hat doch vieles von der Welt gesehen.
Mit diesem historischen Roman, zudem weit entfernt von der eigenen Herkunftskultur, hat der Autor zudem eine unglaubliche Recherchearbeit vorgelegt, die durch bloßes Bereisen nicht zustande käme.
Obwohl sich Bellinis Familie vielen Schwierigkeiten gegenüber sieht und auf der Insel einstige Strafgefangene herumtreiben, treibt der Erzählfluss eher gemächlich dahin. Es dominieren üppige bildhafte Beschreibungen, getragen durch eine Fülle von Aufzählungen, die mir manchmal zuviel des Guten waren.
Auch wenn der Autor hier mit den Augen eines staunenden Kindes auf die Welt schaut, gerät mir die Geschichte an vielen Stellen zu verklärt und schwärmerisch. Teilweise habe ich parallel auch das Hörbuch gehört, vom Autor selbst eingesprochen, und die stellenweise pathetische Lesart hat diesen Eindruck noch verstärkt.
Doch wen das nicht anficht, der kann wie immer unglaublich viel lernen: Über Elefanten und die für den Tourismus noch wenig erschlossenen Andamanen. Da ist Gastmann ganz Journalist, der einmal mehr zu Hochform aufläuft.