Sprachlosigkeit

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charlotteliest Avatar

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Michka, die Hauptfigur in Delphine de Vigans neuem Roman Dankbarkeiten, verliert ihre Selbständigkeit aufgrund einer beginnenden Demenz. Sie muss ins Altersheim und hadert mit ihrer beginnenden Sprachlosigkeit. Dort hat sie noch Kontakt zu ihrer "Ziehtochter" Marie und ihrem Logopäden Jérôme. Michka, Marie und Jérôme erzählen jeweils ihre Geschichte.

Marie wurde von Michka, die selbst keine eigenen Kinder hat, immer wieder aufgefangen und aufgenommen, wenn Maries leibliche Mutter wieder einmal nicht in der Lage war, sich um sie zu kümmern. Dadurch hat sich zwischen ihnen ein besonders inniges Verhältnis gebildet.
Jérôme ist Michkas Logopäde und soll ihr gegen den Sprachverlust helfen. Er selbst hat den Kontakt mit seinem Vater abgebrochen und hadert deshalb mit sich.
Aber auch bei Michka geht es nicht nur um den altersbedingten Sprachverlust. Durch Michkas Erzählungen erfährt man Teile ihrer Vergangenheit, über das Schicksal ihrer jüdischen Eltern im Krieg. Ihre Mutter hat sie in ihrer Not bei einem fremden Ehepaar untergebracht, Michka konnte diesem Paar nie ihre Dankbarkeit mitteilen, was sie nun im Alter kaum ertragen kann.
"Man denkt immer, dass man noch Zeit hätte, die Dinge zu sagen, und dann ist es plötzlich zu spät".

Michka, Marie und Jérôme haben mit ihrer eigenen Sprachlosigkeit zu kämpfen. Aber trotz allem ist es ein sehr dialoglastiger Roman, der das Thema liebevoll und ohne übertriebenen Schwermut erzählt und versöhnlich ausklingen läßt.