Wieder einmal ein kleines Highlight von de Vigan...

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Delphine de Vigan ist eine begnadete Autorin, das hat sie schon regelmäßig in der Vergangenheit bewiesen. In "Dankbarkeiten" zeigt sie erneut, dass es sich absolut lohnt, sie zu lesen!

"Sie heißt Michka. Eine alte Dame mit dem Habitus eines jungen Mädchens. Oder ein junges Mädchen, das versehentlich, durch ein böses Schicksal, alt geworden ist." (S. 13 - 14)

In ihrem Buch, das gerade einmal 176 Seiten umfasst und doch viel schwerer wiegt, geht es um eben jene Michka, die durch beginnenden Alzheimer gezwungen ist, ihren Lebensabend in einem Wohnheim zu verbringen und die Kontrolle über ihr Leben in die Hände Fremder zu legen.
Zwei, sowohl für die Geschichte, als auch für Michkas Leben wesentliche Charaktere sind ihre Ziehtochter, die sie regelmäßig besuchen kommt und der Logopäde, der sich sehr intensiv mit seiner Klientin auseinandersetzt.

In "Dankbarkeiten" geht es unter anderem um die Sprachlosigkeit, mit der wir früher oder später alle konfrontiert werden, ungesagte Wörter, ausgebliebene Worte, die den Adressat nie erreicht haben und unseren Körper vergiften. Aber die Autorin umreißt diese Thematik nicht plakativ, sie wirft nicht mit Lebensweisheiten um sich, sondern verpackt ihre Botschaft, von der ich denke, dass sie ihr sehr stark am Herzen liegt, in eine wunderbar charmante Geschichte. Sie nimmt ihre Figuren ernst, serviert uns aber auch die benötigte Prise Humor, um dem Ganzen die Schwere zu nehmen.
Vorallem die Dynamik zwischen Michka und dem Logopäden war eine ganz besondere, die die Geschichte auch in ganz besonderer Art und Weise vorantrieb.

Ich kann jedem, der sich mal in das noch überschaubare Werk der Autorin einlesen möchte, "Dankbarkeiten" sehr ans Herz legen. Kaum vorstellbar, dass man danach nicht das Bedürfnis verspürt, mehr von ihr zu lesen.