Warten auf Jim

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melange Avatar

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Wer mag wohl Jim sein - der fehlende Fingerabdruck? War Mrs. Walsh vielleicht ebenfalls Opfer und nicht Täterin? Gehören Postboten zu einer - nicht nur durch Hundebisse - gefährdeten Spezies? Fragen über Fragen, die meine gepeinigte Krimiseele gerne beantwortet hätte.... Aber nun zum Leseeindruck:

Recht schnell baut sich eine düstere Stimmung auf, der leicht eigenartige Postbote, welcher durch einen Vorort streift (man sieht direkt die alten Damen hinter den Gardinen lauern...) und sich erfreut auf einen Schwatz und Kaffee einlässt, die Dame mit Vergangenheit, die niemanden an sich heranlässt, ein nebulöses Verbrechen und ein schauriges Haus - das erinnert schon sehr an King, der seinen Horror ebenfalls gerne in Vorstädten bei "ganz normalen" Bürgern einziehen lässt. Trotzdem erscheint mir persönlich das Ganze ein wenig subtiler und (hoffentlich!) nicht so mystery-mässig wie beim Altmeister.

Zum Stil: Sehr flüssig geschrieben, die Sätze weder zu kurz noch zu lang, so dass man der Geschichte gut folgen kann ohne sich zu langweilen. Langeweile - ein Wort, das hier wirklich fehl am Platze ist. Die Beschreibung von Desmond, die Schilderung seiner Eigenheiten und die seiner Kunden, das Auffinden der Leichen, - alles ist so gekonnt, dass ich mich sofort in der Szenerie wähnte und sich meine Nackenhärchen aufstellten - obwohl ich die Leseprobe tagsüber gelesen habe. Die Bosheit und Ignoranz der Nachbarn Desmond und der Tat gegenüber war spürbar und machte sprachlos. Fast wie im Altertum: Tötet den Boten, um uns die Nachricht leichter zu machen.

Eine Leseprobe, die Appetit auf den Hauptgang macht.