Eine junge Kroatin kommt nach Deutschland, doch in der Fremde begegnen ihr neue Probleme

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mrscatastrophy Avatar

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Positiv aufgefallen ist mir zu allererst der Disclaimer. Dass in einem Buch diskriminierende Sprache vorkommt, passiert oft - dass darauf hingewiesen und verdeutlicht wird, dass diese Teil der Erzählung ist und nicht die Autorenmeinung wiederspiegelt, passiert dagegen selten. Es gibt aber Betroffenen die Möglichkeit, von vornherein das Buch nicht zu lesen, statt unangenehm überrascht zu werden.

Wenn wir an Kroatien denken, fallen den meisten von uns vermutlich schöne Strände, relativ günstige Urlaube und das leckere kroatische Restaurant um die Ecke ein. Aber Kroatien hat vor allem eine Geschichte, die von Krieg geprägt ist, und ist erst seit wenigen Jahren Eu-Mitglied.

In der Leseprobe beschreibt der Erzähler die Kindheit seiner Mutter Smilja, die im ländlichen, von Diktator Tito beherrschten Kroatien um 1950 zur Welt kommt und die erste Gelegenheit nutzt, um nach Deutschland zu gehen. Zwar verdient sie dort besser, fühlt sich jedoch in der Diaspora einsam, bis sie den Vater des Erzählers kennenlernt. Doch die Ehe ist längst nicht so romantisch, wie Smilja sich das vorgestellt hat, denn ihr Mann trinkt und verprasst das wenige Geld, das sie haben.

Mein bisheriger Eindruck ist, dass es sich bei diesem Buch garantiert nicht um eine angenehme, leicht lesbare Wochenendlektüre handelt. Das zeigt sich schon am sehr kargen, düsteren Cover. Emir, Smiljas Mann, ist mir bereits jetzt unsympathisch, mit ihr habe ich Empathie und hoffe, dass sie es schafft, sich trotz der Widrigkeiten ein Leben aufzubauen. Gerade meine Generation, die von den postsowjetischen Unabhängigkeitskriegen undAuseinandersetzungen auf dem Balkan nicht viel mitbekommen hat, weiß oft wenig über die Hintergründe der Menschen, die aus dieser Region nach Deutschland gekommen sind. Dabei ist es wichtig, sich zu informieren über die Gründe, die die Menschen zur Diaspora treiben, statt sie als "Wirtschaftsflüchtlinge" abzutun. Ich hoffe, dass dieses Buch einen Teil dazu beiträgt und würde es deshalb sehr gern lesen.