Im dunklen, dunklen Wald

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Ein schwedischer Thriller von einer deutschen Autorin? Gehts das? - und wie!
Vera Bucks neuer Thriller ist eine komplexe und wendungsreiche Geschichte, die aus der Sicht von Henrik, Marla, Nora und Rosa erzählt wird. Es sind sehr individuelle Charaktere, wobei Rosa für mich der mit Abstand interessanteste ist.
Das Buch ist von Beginn an fesselnd. Bereits der Prolog ließ mich erschauern. Wir werden mit einer Figur konfrontiert, die uns das ganze Buch über begleitet und mir Gänsehaut beschert hat.
Der Thriller beginnt mit der Ankunft von Henrik, Nora und Fynn, einer deutschen Familie, die im ehemaligen Sommerhaus von Henriks Großvater in Västernorrland, ihren Urlaub verbringen möchten. Das seit Jahren leerstehende Haus ist jedoch ziemlich heruntergekommen. Der Garten ist verwildert und die Zufahrt zum Haus kaum mehr zu finden und einsehbar. Vom dunklen Wald in der Nähe geht etwas Bedrohliches aus. Henrik verbindet jedoch mit dem Haus Erinnerungen an seine Ferien bei seinem geliebten Großvater in Schweden. Als er im Wald ein Baumhaus entdeckt, kommen Erinnerungen an eine Begebenheit in ihm hoch, die er jahrzehntelang verdrängt hatte.
Als Fynn beim Spielen im Wald innerhalb von kurzer Zeit plötzlich verschwindet, fällt das Kartenhaus der nach außen hin harmonischen Familie in sich zusammen.

Henrik ist Kinderbuchautor und seine Fantasie scheint keine Grenzen zu haben. Das bringt ihn aber auch oftmals in Schwierigkeiten, weil er auch gerne flunkert. Selbst Nora weiß nicht immer, wann er lügt oder die Wahrheit spricht. Für ihn ist vieles ein großes Abenteuer, bis ihn gewisse Erinnerungen einholen, die ihm keine Ruhe lassen.

Nora hütet ein Geheimnis und möchte dieses mit der Urlaubsreise nach Schweden hinter sich lassen. Doch das scheint nicht möglich. Verstörende Nachrichten auf ihrem Handy und eine unbestimmte Angst lassen sie nicht wirklich los.

Spannend fand ich den Charakter von Rosa. Sie ist alles andere als erfreut, dass sie wieder zu Hause einziehen muss. Sie soll ihren Vater bei der Pflege ihres verunglückten Bruders helfen, der seitdem querschnittgelähmt ist. Dafür muss sieh ihre eigenen Pläne zurückstecken.
Rosa interessiert sich seit ihrer Kindheit für den Tod und hat in forensischer Botanik promoviert. Sie untersucht die Auswirkungen von Tierkadavern in der unmittelbaren Umgebung von Bäumen. Ihr seltsame Vorliebe hat sie allerdings zur Einzelgängerrin gemacht. Als sie bei ihren Grabungen auf ein Kinderskelett stößt, bittet die Polizei um ihre Hilfe. Sie soll weitere Grabungen durchführen, denn in den letzten Jahrzehnten sind einige Kinder auf mysteriöse Weise verschwunden.

Und dann ist da noch Marla. Das kleine Mädchen wurde entführt und wird seitdem in einem Baumhaus gefangen gehalten.

Die Figuren sind sehr facettenreich und unheimlich gut dargestellt. Jeder von ihnen hat etwas zu verbergen. Als Leser erlebt man die Gedanken und Ängste der Figuren immer hautnah mit.
Der Schreibstil ist sehr bildhaft und lebendig. Ich bin begeistert!

Durch die wechselnden Kapitel mit unterschiedlichen Erzählern entsteht eine Spannung, die sich immer weiter aufbaut. Vera Buck gelingt es eine atmosphärische Grundstimmung zu erzeugen, die eher düster und beklemmend ist.
Mich hat der Plot fasziniert und die Sogwirkung, die bereits zu Beginn entsteht, hat mich das Buch kaum aus der Hand legen lassen. Die Autorin hat einige Themen aufgemacht, die nach und nach an Intensivität gewinnen. Puzzlestein um Puzzlestein lassen ein Gesamtbild entstehen, welches sich dann doch wieder verändert.
Vera Buck hat viele Wendungen eingebaut, die überraschen und mich oftmals kurz die Luft anhalten hat lassen. Man rätselt gerne mit und wird doch auf eine falsche Fährte geführt, wobei es trotzdem immer wieder weitere Verdächtige gibt. Mit einem Verdacht lag ich richtig, doch mit dem tatsächlichen Ende konnte mich die Autorin richtig überraschen.
Zum Ende hin wurde mir der komplexe Thriller fast ein wenig zu schnell aufgelöst. Ein Twist nach dem anderen folgte und mir schwirrte richtig der Kopf! Die Auflösung ist trotzalledem schlüssig und nachvollziehbar.

Fazit:
Ein verstörender Thriller, der den Alptraum vieler Eltern Wirklichkeit werden lässt. Facettenreiche Charaktere und eine durchgehend beklemmende Atmosphäre ließen mich das Buch kaum aus der Hand legen. Das Ende war mir dann jedoch fast ein bisschen zu schnell und es ging Schlag auf Schlag.
Der Schreibstil ist fantastisch und ich werde mir auch noch die anderen Romane/Thriller der Autorin näher anschauen, wobei ich "Runa" bereits im Regal stehen habe.